Wiener Stadtquartier

Zukunftsquartier 2.0
Integration von Plus-Energie-Quartieren in Strom- und Wärmenetze

Plus-Energie-Quartiere können zu wichtigen Bausteinen einer nachhaltigen, sicheren und leistbaren Energieversorgung im urbanen Raum werden.

Plus-Energie-Quartiere sind Stadtareale, die in der Lage sind, ihren Energiebedarf aus erneuerbaren Quellen zu decken. Die bauliche Dichte spielt dabei eine maßgebliche Rolle1. Das Konzept zielt darauf ab, die lokal erzeugte Energie vorwiegend auch vor Ort zu nutzen. Wichtig ist dabei der richtige Umgang mit Nachfrage- und Produktionsspitzen. Um Energieüberschüsse netzdienlich einspeisen zu können und Lastspitzen zu minimieren, braucht es eine intelligente Steuerung von Erzeugung, Verbrauch und Speicherung erneuerbarer Energie sowie eine hohe Energieeffizienz der Gebäude.
 
Im vorangegangenen Sondierungsprojekt „Zukunftsquartier“ wurden von der UIV Urban Innovation Vienna GmbH in Kooperation mit der FH Technikum Wien und dem IBR&I Institute of Building Research and Innovation erste maßgeschneiderte Konzepte für Plus-Energie-Quartiere entwickelt. Die intensive Auseinandersetzung mit Versorgungskonzepten und die Modellierung von Varianten diente als Vorbereitung für die Realisierung von Energie-Vorzeige-Stadtteilen in Wien. Die entwickelten Energiekonzepte verbinden höchste Gebäudeeffizienz mit hoher Vor-Ort Energieerzeugung durch große PV-Anlagen und erdreichgekoppelten Wärmepumpenanlagen oder thermischen Netzen, kombiniert mit DSM-Maßnahmen (demand side management) und thermischen Speichern (Bauteilaktivierung, Erdreichspeicher).
 
Im Folgeprojekt „Zukunftsquartier 2.0“ 2 geht es darum, die Integration von Quartieren mit hoher Vor-Ort-Energieaufbringung in die Netzinfrastruktur (Strom- und Fernwärme) zu erforschen. Ziel ist es, eine „win-win“-Situation für Energieversorger und Netzbetreiber sowie für Investoren und EntwicklerInnen und nicht zuletzt für die NutzerInnen zu schaffen. Große Potenziale liegen sowohl in der Sektorkopplung als auch in thermischen Netzen. Stadtquartiere bergen Flexibilitätspotenziale die bisher selten in derart kleinteiligen, dezentralen und inhomogenen Einheiten genutzt werden. Zukunftsquartier 2.0 als praxisnahes und umsetzungsorientiertes Projekt zeigt den Weg auf, wie intelligente netzdienliche Lastverschiebung und Speicherbewirtschaftung in innovativen Plus-Energie- Quartieren im dicht bebauten urbanen Raum funktionieren kann. Erste Ergebnisse zeigen, dass für eine wirtschaftliche und nachhaltige Realisierung des Konzepts die frühzeitige Berücksichtigung des Plus-Energie-Ansatzes im Planungsprozess, eine städtische und dennoch moderate Bebauungsdichte sowie eine Mischnutzung im Quartier notwendig sind.

Interaktion zwischen Stadtquartier und Netzen

Im Rahmen des Projekts werden Analysen zu technischen, wirtschaftlichen, rechtlichen und sozialen Fragen durchgeführt. Es wird eine Methode zur optimalen Systemauslegung inkl. Speichertechnologien für neugeplante Stadtquartiere erarbeitet sowie eine Regelungsstrategie entwickelt, um die Interaktion des Plus-Energie-Stadtareals mit dem Gesamtsystem zu ermöglichen. Tages-, Wochen- und Saisonspeicher im Quartier sollen sektorübergreifend flexibel auf Anforderungen aus den Netzen reagieren können und Leistungsspitzen verhindern bzw. dämpfen. Bei der Planung des Haustechnikkonzepts liegt ein wichtiger Fokus auf Fragen der sozialen Akzeptanz und nutzungsfreundlichen, umsetzbaren Lastverschiebungsmaßnahmen. Um eine wirtschaftliche Realisierung zu ermöglichen, werden Kostenoptimierungen über den ganzen Lebenszyklus analysiert und passende Geschäfts- und Betreibermodelle vorgeschlagen.

Zukunftsquartier 2.0., Grafik: Green Energy Lab
Zukunftsquartier 2.0., Grafik: Green Energy Lab

Planungsbegleitung für Wiener Stadtquartier

Das Projektteam begleitet aktuell die Planung eines Stadtviertels in Wien Floridsdorf (Pilzgasse), das als Plus-Energie-Quartier konzipiert ist. Für eine wirtschaftliche Umsetzung von innovativen Energiekonzepten ist es unbedingt erforderlich, spezifische Anforderungen bereits in der ersten Planungsphase zu berücksichtigen. Für das Stadtquartier in Wien Floridsdorf wurden daher im Architekturwettbewerb energierelevante Aspekte bezüglich Baukörper und Grundrissplanung vorgegeben. Das stellt einerseits die großflächige und architektonisch ansprechende Integration von PV-Modulen sicher und ermöglicht andererseits eine kostenoptimierte Umsetzung. Im Rahmen des Projekts werden auch AkteurInnen und Stakeholder weiterer potenzieller Plus-Energie-Quartiere (z. B. das Ottakringer Areal oder Teile der Seestadt Aspern) eingebunden. Die intensive Abstimmung zwischen ForscherInnen, Immobilienentwicklern und PlanerInnen soll zu replizierbaren Lösungen führen. Die Ergebnisse werden in Form von Handlungsanleitungen und Werkzeugen für die Planung und Prozessbegleitung von zukünftigen Quartiersentwicklungen aufbereitet.
greenenergylab.at/projects/zukunftsquartier-2-0/
 
1  https://nachhaltigwirtschaften.at/resources/sdz_pdf/schriftenreihe-2020-11-zukunftsquartier.pdf
2 Projektpartner: UIV Urban Innovation Vienna GmbH (Projektleitung), Fachhochschule Technikum Wien, IBR & I Institute of Building Research & Innovation ZT GmbH, SÜBA AG, Böhm Stadtbaumeister und Gebäudetechnik GmbH, hacon GmbH
Das Projekt wird im Rahmen des Forschungsprogramms Stadt der Zukunft gefördert und ist ein assoziiertes Projekt des Green Energy Lab.

 

  • Darstellung des PV-Potenzials für das Quartier „Ottakringer_leben“, Quelle: Technikum Wien, Leistung: 1.335,6 kWp Modulfläche: 6.845,5 m3 Erwartete Produktion: 1.307.558 kW
    Darstellung des PV-Potenzials für das Quartier „Ottakringer_leben“, Quelle: Technikum Wien, Leistung: 1.335,6 kWp Modulfläche: 6.845,5 m3 Erwartete Produktion: 1.307.558 kW