Für den Bau, die Nutzung, die Renovierung und den Rückbau von Gebäuden werden große Mengen an Energie und Ressourcen aufgewendet. Der Gebäudesektor ist weltweit für einen hohen Anteil des Energieverbrauchs und der klimaschädlichen Emissionen verantwortlich, ca. 38 % der globalen CO2-Emissionen entfallen auf den Bereich Bauen und Gebäude.1
In Österreich konnten in den letzten Jahren viele innovative Entwicklungen im Bereich „Nachhaltiges Bauen“ erforscht, demonstriert und umgesetzt werden. Zukunftsweisende Gebäude- und Siedlungskonzepte zielen auf eine Reduktion des Energie- und Stoffeinsatzes, die Nutzung erneuerbarer Energieträger, den Einsatz ökologischer Baumaterialien sowie eine Erhöhung des Raumkomforts und der Lebensqualität. Und das alles zu Kosten, die mit einer konventionellen Bauweise vergleichbar sind. Nachhaltig Bauen bedeutet, den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes zu betrachten und klimaschädliche Emissionen in allen Phasen – von der Errichtung über die Gebäudenutzung bis zur Wiederverwertung – drastisch zu reduzieren. Graue Energie und prozessbedingte THG-Emissionen der verwendeten Materialien spielen hier eine wichtige Rolle. Ein weiterer Aspekt ist die stoffliche Wiederverwendung und -verwertung der eingesetzten Baustoffe und -materialien nach der Gebäudenutzung im Sinne der Kreislaufwirtschaft. Zudem sollten Gebäude in Zukunft so geplant und ausgestattet werden, dass sie erneuerbare Energie erzeugen oder auch als Energiespeicher in integrierten, lokalen Energysystemen fungieren können.
Marktanalyse nachhaltiges Bauen in Österreich
Im Rahmen einer Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (Projektleitung: pulswerk GmbH) wurde aktuell eine Marktsondierung der Neubauten in Österreich im Zeitraum 2010 bis 2021 durchgeführt und die Relevanz innovativer Bautechnologien für den Klimaschutz analysiert. Der Gebäudebestand ist in Österreich in diesem Jahrzehnt um rund 20 % angewachsen. 311.100 Neubauten mit einer Nettogrundfläche von insgesamt 130 Millionen Quadratmetern wurden seit 2010 realisiert. Davon wurden 64 % in Mauerwerksbauweise errichtet, 22 % in Holzbauweise und 10 % in Stahlbeton. Bezogen auf die realisierten Nettogrundflächen liegen die Marktanteile etwas anders. Der Anteil des Mauerwerksbaus beträgt hier 60 %, der Stahlbetonbau liegt mit 24 % an zweiter Stelle und der Holzbau folgt mit 10 %. Erneuerbare Energiesysteme haben im Neubau im untersuchten Zeitraum zwar deutlich zugenommen, aber rund 14 % der neuen Gebäude besitzen nach wie vor ein fossiles System zur Wärmeversorgung.
Bewertung der Nachhaltigkeitsaspekte
Die Studie legt den Fokus auf die Analyse von drei für den Klimaschutz relevanten Bauweisen: den Holzbau, Gebäude aus Stahlbeton mit Bauteilaktivierung sowie Gebäude in (semi)monolithischer Ziegelbauweise. Diese Bauweisen wurden nach einem gleichbleibenden Raster mit ihren jeweiligen Stärken und Schwächen und ihren Potenzialen für die Erreichung der Klimaneutralität erfasst und dokumentiert. Bewertet wurden die Aspekte Energieeffizienz, Klimaschutz, Naturschutz, Kreislaufwirtschaft, Ökonomie sowie soziale Wertigkeit und Akzeptanz. Neben der quantitativen Verteilung der Bauweisen, Aussagen zu Gebäudegrößenklassen, Nutzungsformen und zur regionalen Verteilung auf Ebene der Bundesländer wurde auch eine Verschneidung der Bauweisen mit ihren Energieversorgungssystemen durchgeführt. Alle Bauweisen verfügen über Kernqualitäten, die wesentliche Beiträge für Nachhaltigkeit und Klimaschutz leisten können. Vereinfacht gesagt besitzt der Holzbau seine große Stärke in den niedrigsten Treibhausgasemissionen in Form „grauer Energie“. Gleichzeitig ist hier ein hoher Vorfertigungsgrad möglich. Gebäude mit Bauteilaktivierung punkten mit ihrem Konzept zur Wärme- und Kältebereitstellung und sind bestens geeignet, Gebäude im Sommer und Winter mit erneuerbarer Energie zu versorgen. Die (semi-)monolithische Ziegelbauweise bietet unkomplizierte, langlebige Wandaufbauten mit sehr guten Dämmeigenschaften, die gegenüber der konventionellen Wärmedämmung einen geringen Aufwand beim Rückbau erzeugen. Großes Potenzial sehen die Expert:innen sowohl im Neubau als auch bei der Sanierung in der Entwicklung hybrider Bausysteme, die sich die Stärken aller drei Bauweisen zunutze machen.
Monitoring von Demonstrationsgebäuden in Österreich
In Österreich wurden in den letzten Jahren zahlreiche hochmoderne, energieeffiziente Neubauten errichtet sowie Bestandsgebäude nachhaltig saniert. Um sicherzustellen, dass die geplante energetische Performance und die Umsetzung der angestrebten Nachhaltigkeitsaspekte erreicht werden können und um Optimierungspotenziale zu identifizieren, wurden vorbildhafte Gebäude im Realbetrieb evaluiert. In dieser Ausgabe stellen wir ausgewählte Ergebnisse aus einigen dieser Monitoringprojekte vor.
1 Bericht „2020 Global Status Report for Buildings and Construction“ des UN-Umweltprogramms , globalabc.org/sites/default/files/inline-files/2020%20Buildings%20GSR_FULL%20REPORT.pdf
www.nachhaltigwirtschaften.at/de/sdz/projekte/bautechnologien-klimaschutz.php
Stärken
Nachwachsender Rohstoff
Wald als CO2-Senke
Nationale und EU-weite Investitionen in Ausbau und Innovation
Hohe Qualifikation der Beschäftigten
Exportstärke auf Bauproduktebene
Chancen
Ausbau heimischer nachhaltiger Forstwirtschaft
Hoher Vorfertigungsgrad für kurze Bauzeiten
Mehrstöckiger Holzhausbau
Schwächen
Relativ hohe Abhängigkeit von Rohstoff-Importen
Brandschutzverordnungen, rechtliche Restriktionen
Arbeitskräftemangel besonders relevant
Scale-Up-Fähigkeit des Teilsektors unklar
Risiken
Notwendiger Artenwandel: Laubbäume statt Nadelbäumen absehbar, Holzindustrie darauf vorbereitet?
Schadholzmengen
Klimawandelfolgen für Rohstofflager
Sommertauglichkeit für Gebäude