Laboraufbau eines bioelektrochemischen Systems zur Umsetzung von CO2 in Methan, Foto: K1-MET GmbH

Laboraufbau eines bioelektrochemischen Systems zur Umsetzung von CO2 in Methan,
Foto: K1-MET GmbH

Leitprojekte ZEUS und C-CED
Neue Technologien zur CO2-Abscheidung und -Verwertung

Für die Abtrennung und die weitere Verwertung von CO2 aus industriellen Abgasen gibt es unterschiedliche Konzepte und Verfahren, die verschiedene Vor- und Nachteile haben. Neben dem technischen Reifegrad sind der Investitionsbedarf und die laufenden Kosten entscheidende Faktoren für die Bewertung und den Einsatz dieser Konzepte. Im Rahmen von zwei großen Leitprojekten werden aktuell zukunftsweisende CCU-Technologien für einen nachhaltigen Kohlenstoffkreislauf erforscht und demonstriert.

ZEUS (Zero Emissions throUgh Sector Coupling)

Im Leitprojekt ZEUS arbeiten Partner:innen aus der Energiewirtschaft, der Industrie und der Forschung1 unter der Leitung von K1-MET zusammen, um die Produktion von grünem Wasserstoff sowie die Kreislaufführung von erneuerbaren Gasen bzw. flüssigen Kohlenwasserstoffen am Beispiel der Stahl- und Zementindustrie zu demonstrieren. Im industriellen Umfeld werden dazu verschiedene Technologien erforscht, getestet und teils miteinander verknüpft (vgl. eia 2/2024).
www.wiva.at/project/zeus
 
techno-symbolCO2-ELEKTROLYSE
Ein innovativer Ansatz zur Erzeugung von nachhaltigen chemischen Grundstoffen ist die elektrochemische Umwandlung von CO2. Ähnlich wie in einer Elektrolysezelle für Wasser kann CO2 kontinuierlich in einer elektrochemischen Zelle durch erneuerbaren elektrischen Strom zu kohlenstoffhaltigen Produkten wie z. B. Synthesegas (Mischung aus CO und H2) oder Ameisensäure umgewandelt werden. Entscheidend dabei sind der verwendete Katalysator bzw. dessen Integration in die elektrochemische Zelle, das Zelldesign sowie die Optimierung der Prozessparameter. Durch Steuerung der Prozessparameter kann beispielsweise das CO/H2-Verhältnis im Produktgas flexibel angepasst werden. Im Rahmen von ZEUS werden zwei Pilotanlagen realisiert – eine Pilotanlage in der Stahlindustrie bei der voestalpine Stahl GmbH (Produkt Synthesegas) und eine Pilotanlage in der Zementindustrie bei Rohrdorfer in Gmunden (Produkt Ameisensäure). Projektziel ist die erstmalige Demonstration dieser Technologie mit realem CO2 aus industriellen Abgasen bzw. die Kreislaufführung von CO2 an den beiden Industriestandorten. Mit einer Größenordnung von 5 kg/h gehören die beiden Anlagen zu den größten weltweit.
 
techno-symbolKATALYTISCHE METHANISIERUNG
Bei diesem Verfahren wird synthetisches Methan (SNG) aus den Einsatzstoffen grüner Wasserstoff (H2) und Kohlendioxid (CO2) gebildet. In einem kontinuierlich durchströmten Reaktor reagieren H2 und CO2 bei erhöhter Temperatur (250-400 °C) und erhöhtem Druck (4-15 bar) zum gewünschten SNG.
Im Projekt ZEUS wird eine Pilotanlage in der Größenordnung 100 kW (rund 10 Nm³/h SNG als Produktgas) realisiert und die Technologie erstmals in der Stahlindustrie bei der voestalpine Stahl GmbH/K1-MET GmbH in Linz demonstriert. Forschungsschwerpunkt ist die dynamische Betriebsweise und die Untersuchung von verschiedenen Katalysatoren, die vom Lehrstuhl für Verfahrenstechnik des industriellen Umweltschutzes an der Montanuniversität Leoben eigens entwickelt werden. Zum Einsatz kommen reale Gase, grüner Wasserstoff aus der 6 MW PEM-Elektrolyse von voestalpine Stahl GmbH/Verbund AG sowie CO2, das aus dem Kraftwerksabgas der voestalpine Stahl GmbH durch Aminwäsche abgetrennt wurde. Ziel ist eine hohe Umwandlung von CO2 in SNG bzw. eine hohe Katalysatorstabilität. Das produzierte synthetische Methan wird in der Stahlindustrie wieder eingesetzt, um einen geschlossenen CO2-Kreislauf darzustellen.
 
1 PROJEKTPARTNER: K1-MET GmbH, Energieinstitut an der JKU Linz, Institut für Organische Chemie – JKU Linz, GIG Karasek GmbH, Montanuniversität Leoben – Lehrstuhl für Verfahrenstechnik des industriellen Umweltschutzes, Rohrdorfer Zement – Zementwerk Hatschek GmbH, TU Wien – Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und technische Biowissenschaften, Verbund AG, voestalpine Stahl GmbH, WIVA P&G – Wasserstoffinitiative Vorzeigeregion Austria Power & Gas

Carbon – Cycle Economy Demonstration (C-CED)

In dem von der RAG Austria AG koordinierten Leitprojekt untersuchen Industrie- und Forschungspartner1 aktuell verschiedene Technologien für die CO2-Abtrennung aus realen Gasen sowie die CO2-Verwertung durch Methanisierung.2 Am voestalpine Stahl GmbH-Standort in Linz wird bereits seit 2023 in einer Pilotanlage die Aminwäsche zur CO2-Abtrennung aus Abgasen der Stahlindustrie demonstriert (vgl. eia 3/2024).
www.wiva.at/project/c-ced
 
techno-symbolCO2-VERWERTUNG DURCH BIOLOGISCHE METHANISIERUNG
Bioelektrochemische Systeme werden seit einigen Jahren als eine umweltfreundliche Methode zur Umwandlung von CO2 in wertvolle Verbindungen wie z. B. Methan wissenschaftlich untersucht. Bei diesen Verfahren werden Mikroorganismen in die Kathodenkammer einer elektrochemischen Zelle eingebracht. An diese Zelle wird eine externe Spannung angelegt und Wasserstoff erzeugt. Die Mikroorganismen besiedeln die Elektrode und dienen als Biokatalysatoren für die Umsetzung von CO2 mit Wasserstoff zu synthetischem Methan. Im Projekt C-CED wird CO2 im Aminwäscher am Standort der voestalpine Stahl GmbH abgeschieden und in der Folge einem bioelektrochemischen System zugeführt, um (aktuell im Labormaßstab) synthetisches Methan zu produzieren. Methan, der Hauptbestandteil von Erdgas, könnte im Anschluss wieder in der Industrie oder zur Stromerzeugung eingesetzt werden, um so den Kohlenstoffkreislauf zu schließen.
 
techno-symbolABTRENNUNG VON CO2 AUS DER ATMOSPHÄRE
Eine weitere innovative Technologie, die im Rahmen des Leitprojekts erforscht wird, ist das Direct Air Capture (DAC)-Verfahren, bei dem Kohlenstoffdioxid nicht an Emissionspunktquellen stationärer Anlagen, wie Industrieanlagen oder Kraftwerke, sondern aus der Umgebungsluft gewonnen wird. Die DAC-Technologie kann dazu beizutragen, Kohlenstoffkreisläufe (z. B. im Flugverkehr) zu schließen. Das aus der Atmosphäre eingefangene CO2 könnte in Zukunft auch zu einer nachhaltigen Kohlenstoffquelle werden. Da die CO2-Konzentration in der Luft sehr gering ist, sind herkömmliche CO2-Trennmethoden für DAC-Anwendungen nicht geeignet. Die Firma Axiom hat aktuell ein innovatives Verfahren zur CO2-Abtrennung aus der Atmosphäre entwickelt, mit dem das verdünnte atmosphärische CO2 in einem konzentrierten, beinahe 100 % reinen Zustand, ortsunabhängig bereitgestellt werden kann. Kern der Technologie sind zwei Kaliumcarbonatzirkulationen, welche mit einem mehrstufigen Elektrodialysestack gekoppelt sind. Die DAC-Technologie soll in erster Linie angewendet werden, um Kohlenstoff für die Synthese nachhaltiger Kraftstoffe und Kohlenwasserstoffe zu liefern. In Rahmen kooperativer Forschungsprojekte wurde das neue Verfahren erstmals demonstriert. Seit 2023 führt Axiom an seinem Firmengelände in Ebreichsdorf (NÖ) einen experimentellen Betrieb durch. Erste Chargen des konzentrierten atmosphärischen CO2 aus dem Testlauf konnten bereits im Rahmen des EU-Projekts Ecofuel als Kohlenstoffquelle für die experimentelle Synthese von SAFs (Sustainable Aviation Fuels) von Projektpartnern eingesetzt werden.3 Im Zuge des Folgeprojekts C-CED werden nun diverse Szenarien für die Integration des DAC-Verfahrens in einen geschlossenen Kohlenstoffkreislauf erforscht.4
 
1 PROJEKTPARTNER: RAG Austria AG (Projektkoordination), ACIB GmbH, Axiom Angewandte Prozesstechnik GmbH, Energie AG Oberösterreich, Energieinstitut an der JKU Linz, K1-MET GmbH, Universität für Bodenkultur, Wien /Department IFA Tulln Institute of Environmental Biotechnology, WIVA P&G, voestalpine Stahl GmbH
2 www.rag-austria.at/forschung-innovation/carbon-cycle-economy-demonstration.html
3 Credits & Partner im Projekt EcoFuel: www.ecofuel-horizon.eu
4 Credits & Partner im Projekt C-CED: www.wiva.at/project/c-ced
 
Beide Leitprojekte werden im Rahmen der WIVA P&G – Wasserstoffinitiative Vorzeigeregion Austria Power & Gas durchgeführt.
www.wiva.at

 

  • Aufbau einer katalytischen Methanisierung, Foto: K1-MET GmbH
    Aufbau einer katalytischen Methanisierung, Foto: K1-MET GmbH
  • DAC-Demoanlage – Hochskalierungskonzepte des neuen DAC-Verfahrens, Foto: Axiom angewandte Prozeßtechnik GmbH
    DAC-Demoanlage – Hochskalierungskonzepte des neuen DAC-Verfahrens, Foto: Axiom angewandte Prozeßtechnik GmbH