Abbildung: TU Wien

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BIMaterial
Prozess-Design für einen BIM-basierten materiellen Gebäudepass

Gebäude und Infrastrukturen stellen den größten Materialbestand in einer industriellen Volkswirtschaft dar. Aufgrund des weltweit steigenden Verbrauchs an Primärrohstoffen sind Gebäudebestände als zukünftige Quellen für materielle Ressourcen von großer Bedeutung. Das langfristige Erhalten von solchen urbanen Lagern bzw. das recyclen von vorhandenen Materialien wird als „Urban Mining“ bezeichnet, wodurch der Verbrauch von Primärressourcen minimiert werden kann. Bisher fehlt jedoch das Wissen über die genaue materielle Zusammensetzung der Gebäudebestände, um eine zukünftige Nutzung der Materialien abschätzen zu können.

Erfassung und Analyse von Materialien

Ein „BIM-basierter materieller Gebäudepass“ (MGP) ist ein digitales Werkzeug, das Auskunft über die materielle Zusammensetzung von Gebäuden sowie über die Qualität und Quantität der Materialien gibt. Neue digitale Planungswerkzeuge wie Building Information Modeling (BIM) ermöglichen das Datenmanagement über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes und haben daher großes Potenzial für die digitale Erstellung eines materiellen Gebäudepasses. 

In einem Projekt der TU Wien (Institut für interdisziplinäres Bauprozessmanagement)* wurde das Rahmenwerk zur Generierung eines MGP erstellt. Das Team entwickelte einen Workflow zur Kopplung von BIM mit einem Materialinventar- und Analysewerkzeug (BuildingOne) sowie mit Öko-Datenbanken. Dadurch wird die semi-automatisierte Erstellung eines materiellen Gebäudepasses ermöglicht. Der Datenaustausch erlaubt eine umfangreiche Bewertung und Analyse der materiellen Zusammensetzung von Gebäuden. Dabei können die Quantitäten der Materialien, die Anteile von mineralischen, metallischen und organischen Stoffen sowie die Anteile von rezyklierbaren und Abfall-Materialien über den gesamten Lebenszyklus berechnet werden.

Abbildung: TU Wien
Abbildung: TU Wien

Optimierung in der Planungsphase

ArchitektInnen haben schon in der frühen Planungsphase eines Gebäudes durch die Wahl der Materialien großen Einfluss auf die Reduktion des Abfallaufkommens und auf die Wiederverwendbarkeit der Bauelemente. Der an der TU Wien entwickelte MGP ist ein innovatives Tool für die Optimierung der Planung, für die Durchführung von Variantenstudien und für die Erstellung einer umfangreichen materiellen Dokumentation. Das digitale Werkzeug könnte zukünftig ein Standard für Gebäudezertifizierungen werden und soll auch für den Aufbau eines Sekundär-Rohstoffkatasters genutzt werden.
 
*Kooperationspartner: Institut für Wassergüte, Ressourcenmanagement und Abfallwirtschaft / TU Wien, ATP Sustain, A-NULL Bausoftware GmbH

SCI_BIM

Im aktuellen Folgeprojekt SCI_BIM (Scanning and data capturing for Integrated Resources and Energy Assessment using BIM) untersuchen die ForscherInnen der TU Wien die Nutzung von digitalen Scanning- und Modellierungs-Technologien für die Erfassung der Geometrie und der materiellen Zusammensetzung von Bauwerken am Beispiel eines Gebäudes in Wien Aspang. Dabei kooperieren fünf Institute der TU Wien mit der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) sowie weitere ExpertInnen*

Für die Ermittlung der Materialzusammensetzung soll ein Georadar zum Einsatz kommen, für die Geometrieermittlung werden Laserscanning und Photogrammetrie verwendet. Neue digitale Methoden, z. B. Gamification-Konzepte werden im Projekt für die Energie-Optimierung und für die Dokumentation von baulichen Veränderungen getestet. NutzerInnen erhalten eine App und erstellen via Smartphone z. B. Fotos zur Gebäudenutzung (offene Fenster, Beleuchtung usw.). Über die Gamification-Plattform werden diese Daten hochgeladen und in das BIM-Modell eingebaut. So soll das „as-built BIM“ semi-automatisch instandgehalten werden und die Grundlage für BIM für Facility Management (BIM4FM) bilden. 

*Kooperationspartner: TU Wien – Institut für Wassergüte, Ressourcenmanagement und Abfallwirtschaft / Institut für Visual Computing & Human-Centered Technology / Institut für Architekturwissenschaften, Abteilung für Bauphysik und Bauökologie / Institut für Architekturwissenschaften, Digitale Architektur und Raumplanung, Vermessung Meixner, RM Umweltkonsulenten ZT GmbH