Während es im Bereich energieeffizientes Bauen sowie bei ökologischen Baustoffen und Recycling in den letzten Jahren wesentliche Fortschritte gab, werden die Umweltauswirkungen der Bautätigkeit selbst bisher noch kaum beachtet. In einer aktuellen Studie der Ressourcen Management Agentur (RMA) und der TU Wien1 steht dieser Aspekt im Fokus. Im Rahmen der Analyse wurden alle direkt und indirekt entstehenden CO2-Emissionen auf urbanen Baustellen identifiziert und Methoden, Technologien und Rahmenbedingungen für deren Substituierung, Kompensation oder Adaption aufgezeigt. Das beinhaltet verminderte CO2-Emissionen durch die Verkürzung der Bauzeit und Optimierung der Prozesskette im Zusammenhang mit Methoden wie z. B. Lean Management sowie CO2-Gutschriften durch die Nutzung bauseitiger Ressourcen, beispielsweise durch Urban Mining. Zur Bilanzierung der Emissionen wurden Baustellen in ihre einzelnen Prozesse zerlegt und den jeweiligen Prozessschritten Diesel- und Stromverbräuche, Transportkilometer und sonstige Emissionsquellen zugeordnet. In der Realität sind die Emissionen von vielen weiteren Faktoren abhängig, wie der Lage der Baustelle, der Größe der Baugeräte, der Baustellenlogistik oder den verwendeten Bauverfahren. Für die Bilanzierung wurden vier fiktive Musterbaustellen (Hochbau, Straßenbau, Sanierungs- und Abrissbaustelle) definiert und deren Emissionen mit Hilfe eines im Projekt entwickelten Expertentools vollständig berechnet.
Strategien zur Neutralisierung
Optimierungen im Bauablauf und die Verwendung von emissionsarmen Geräten, Maschinen und Fahrzeugen sind die primären Strategien, um Emissionen auf der Baustelle zu verringern. Eine wichtige Maßnahme zur Senkung des CO2-Ausstoßes besteht in der Substitution von fossilem Strom aus dem Netz mit vor Ort erzeugtem oder zugekauftem Strom aus erneuerbaren Quellen. Emissionen, die nicht auf null verringert werden können, sollten im letzten Schritt auf externem Weg kompensiert werden. Im Rahmen der Studie wurden die verschiedenen Strategien hinsichtlich technologischer Verfügbarkeit, Wirksamkeit, Implementierungskosten und Komplexität bei der Umsetzung bewertet. Die Prozesse der Musterbaustellen wurden mit den identifizierten Maßnahmen abgeglichen.
Ergebnisse und Potenziale
Die Szenarien für die vier Musterbaustellen zeigen ambitionierte Möglichkeiten zur Reduktion von Treibhausgasen, die kurzfristig umsetzbar sind. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht sind jedoch nicht alle davon als kostenneutral anzusehen. Die Straßenbau-Baustelle hat mit ca. 20 % das niedrigste Einsparpotenzial. Dieses ergibt sich durch energieeffizientere Bauprozesse sowie effizientere Baumaschinen. Für die Abriss-Baustelle – mit einem hohen Transportanteil – wurde ein Einsparpotenzial von 25-30 % errechnet. Dieses könnte höher ausfallen, würde die Wiederverwendung von mineralischem Abbruch vor Ort gesteigert werden. Bei der stromintensiven Sanierungsbaustelle liegt das Einsparpotenzial – großteils durch Zukauf erneuerbarer Energien – bei knapp der Hälfte der Emissionen. Die CO2-Emissionen der Hochbau-Baustelle ließen sich um mehr als die Hälfte reduzieren. Zwei Drittel davon resultieren aus der Verkürzung der Transportdistanzen.
Eine effektive Maßnahme zur Reduktion der CO2-Emissionen ist der Einsatz von alternativen Antrieben bei Baumaschinen und Transportfahrzeugen. Mögliche nachhaltige Antriebe der Zukunft sind elektrischer Strom (in Batterien, oder bei stationären Baugeräten auch via Kabel), Wasserstoff/Brennstoffzellen, Kraftstoffe aus Biomasse (als Unterstützungs- oder Übergangslösung) sowie E-Fuels (aus grünem Strom synthetisch hergestellte Verbrennungskraftstoffe).
nachhaltigwirtschaften.at/de/sdz/projekte/co2-neubau.php
1 Projektpartner: Ressourcen Management Agentur (RMA) (Projektleitung), Technische Universität Wien (TU Wien) – Institut für interdisziplinäres Bauprozessmanagement, Fachbereich Baubetrieb und Bauverfahrenstechnik