Plus-Energie-Sanierung Kapfenberg, Foto: AEE INTEC/Armin Knotzer

Plus-Energie-Sanierung Kapfenberg,
Foto: AEE INTEC/Armin Knotzer

Energieflexibilität von Gebäuden

In Zukunft wird der hohe Anteil an erneuerbaren Energieträgern bei der Einspeisung in Strom- und Wärmenetze einen Übergang von der rein am Bedarf ausgerichteten Energieproduktion („generation on demand“) zu einem an die Produktion angepassten Bedarf bzw. Verbrauch („consumption on demand“) bewirken. Dieser Wandel ist notwendig, um das schwankende Angebot an erneuerbarer Energie aus Wind und Sonne gezielt nutzen zu können sowie die Netze zu entlasten und die Speichernotwendigkeiten zu verringern. Energieflexible Gebäude können zukünftig bei der Stabilisierung sowohl der Strom- als auch der Wärmenetze eine wichtige Rolle einnehmen. Unter Energieflexibilität eines Gebäudes versteht man die Fähigkeit, den Energiebedarf und die Energieerzeugung eines Gebäudes durch intelligente Steuerung an die lokalen Klimabedingungen, die NutzerInnenbedürfnisse sowie an die Anforderungen des Netzes anzupassen. Smarte Technologien und Lösungen ermöglichen die Laststeuerung auf der Nachfrageseite, abgestimmt auf die Eigenbedarfsdeckung und/oder auf die Anforderungen der umgebenden Netze.

Energieflexibilität bewerten

Im Rahmen des IEA Technologieprogramms Energie in Gebäuden (EBC TCP) wurde das Projekt EBC Annex 67: Energieflexible Gebäude durchgeführt. Unter österreichischer Beteiligung wurde darin eine Methode zur Charakterisierung und Bewertung der Energieflexibilität von Gebäuden erprobt. Die Methodik stellt Energieflexibilität als Energiemenge dar, die ein Gebäude als Reaktion auf externe Einflussfaktoren verschieben kann, ohne die Komfortbedingungen der BewohnerInnen zu beeinträchtigen und das Haustechniksystem zu ändern. Die Energieflexibilität eines Gebäudes ist demnach kein statisch festgelegter Wert, sondern variiert in Abhängigkeit von den Rahmenbedingungen wie z. B. Klima, Gebäudestandard, Steuerungssystem etc. und einem externen Steuersignal, das eine Systemreaktion auslöst. Die Wärmespeicherkapazitäten in den Bauteilen, die Anzahl und Größe von Warmwasserspeichern und Batterien, die Ausstattung mit elektrischen Geräten und Verbrauchern sowie die Regelungssysteme bestimmen das nutzbare Potenzial der Energieflexibilität eines Gebäudes. Ob dieses Potenzial ausgeschöpft werden kann, hängt in hohem Maße von der gebäudetechnischen Ausstattung und der konstruktiven, bauphysikalischen Struktur ab und wird bereits in der Planungsphase festgelegt. In Simulationen für unterschiedliche Gebäudetypologien zeigt sich, dass Bestandsgebäude zwar einen großen Einfluss auf kurzfristig verschiebbare hohe Spitzenlasten haben, aber die Entlastung von Strom- und Wärmenetzen über mehrere Stunden nur funktioniert, wenn energetische Sanierungsmaßnahmen bis hin zum Plusenergiegebäudestandard durchgeführt wurden.

„Smart Readiness“ von Gebäuden

Die neue EU-Gebäuderichtlinie (Änderung 2018) beinhaltet einen „Smart Readiness Indicator“ (SRI) zur Bewertung der „Intelligenzfähigkeit“ von Gebäuden. Gebäude der nächsten Generation sollen potenziell sehr wenig Energie verbrauchen, den verbleibenden Energiebedarf möglichst aus erneuerbaren, vor Ort verfügbaren Energiequellen decken und die Energie angepasst an die lokale Produktion verbrauchen. Die Steuerung und das Management dieser aufeinander abgestimmten Energieflüsse (im Austausch mit den Energienetzen für Strom und Wärme) ist ein zentrales Element dieser neuen Gebäude. Im Rahmen des Projekts IEA EBC Annex 67 wurde ein Positionspapier verfasst, das zur Beschreibung der „Smartness“ von Gebäuden in der neuen EU-Richtlinie beitragen soll. Die EU-Kommission legt demnächst ein Bewertungsschema inklusive Definition und Methodik der Berechnung des SRI für Gebäude vor. 
https://nachhaltigwirtschaften.at/de/iea/technologieprogramme/ebc/iea-ebc-annex-67.php
http://www.annex67.org/publications/deliverables/

SØREN ØSTERGAARD JENSEN, Foto: Danish Technical Institute
Søren Østergaard Jensen, Foto: Danish Technical Institute

„Der weltweit steigende Energiebedarf, die reduzierte Verfügbarkeit an fossilen Brennstoffen und die zunehmenden Anzeichen der globalen Erwärmung haben zu einem hohen Interesse an erneuerbaren Energiequellen geführt. Volatile erneuerbare Energiequellen, wie Wind- und Sonnerenergie, können die Stabilität der Energiesysteme gefährden, wenn sie einen hohen Prozentsatz an der gesamten Energieerzeugung ausmachen. Die Energieflexibiltät von Gebäuden, wird von der IEA, der EU und vielen anderen als Teil der Lösung gesehen, um die Herausforderungen in zukünftigen bedarfsgerechten Energiesystemen (Strom-, Fernwärme- und Gasnetze) zu bewältigen.“
 
Søren Østergaard Jensen,
Senior Project Manager am Danish Technical Institute und Operating Agent des IEA EBC Annex 67

Nationales Projekt
SRI Austria

Die nationale Spezifizierung des Smart Readiness Indikators (SRI) war Inhalt des 2019 abgeschlossenen Projekts „SRI Austria – Bewertungsschema für intelligente Gebäude“. Im Austausch mit dem IEA EBC Annex 67, den ExpertInnen der EU-Generaldirektion Energie und den nationalen Stakeholdern wurde von einem Konsortium unter der Leitung von AEE INTEC* ein Vorschlag für den Smart Readiness Indikator für Gebäude in Österreich ausgearbeitet. Dieser dient als Entscheidungsgrundlage und Unterstützung für die nationale politische Umsetzung des SRI sowie eine mögliche Einbindung in den Prozess der Energieausweiserstellung. Auf dieser Basis arbeiten das Klimaschutzministerium (BMK) und das Österreichische Institut für Bautechnik (OIB) derzeit an der nationalen Umsetzung, die für Mitgliedsstaaten optional ist.
https://nachhaltigwirtschaften.at/de/sdz/projekte/sri-austria.php
 
* Projektpartner: AEE – Institut für nachhaltige Technologien (AEE INTEC) (Projektleitung), 17&4 Organisationsberatung GmbH, Fachhochschule Technikum Wien, Technologieplattform Smart Grids Austria
 

 

  • Plus-Energie-Sanierung Kapfenberg, Foto: AEE INTEC
    Plus-Energie-Sanierung Kapfenberg, Foto: AEE INTEC
  • PV-Anlage Volksschule Wolfurt Mähdle/Vorarlberg, Foto: AEE INTEC/Armin Knotzer
    PV-Anlage Volksschule Wolfurt Mähdle/Vorarlberg, Foto: AEE INTEC/Armin Knotzer
  • Holz/PV-Glasfassade Höhere Bundeslehranstalt für Forstwirtschaft Bruck a.d. Mur, Foto: AEE INTEC/Armin Knotzer
    Holz/PV-Glasfassade Höhere Bundeslehranstalt für Forstwirtschaft Bruck a.d. Mur, Foto: AEE INTEC/Armin Knotzer