Als Plus-Energie-Gebäude wird ein Haus bezeichnet, das über das Jahr gesehen mehr Energie liefert, als es verbraucht. Unter „verbrauchter Energie“ versteht man dabei jene Energie, die das Gebäude für die Bereitstellung von grundlegenden Gebäudefunktionen wie Heizung, Kühlung, Lüftung und Beleuchtung benötigt. Beim Plus-Energie-Bürohochhaus der TU Wien wird genügend Energie geliefert, um auch den Energieverbrauch abzudecken, der durch die Nutzung des Gebäudes entsteht (etwa durch Computer, Drucker, Telefone etc.). Man könnte es also als Plus-Plus-Energiegebäude bezeichnen.
Je höher ein Haus ist, desto schwieriger wird es, genügend Energie am Gebäude selbst zu gewinnen, da dem Energieverbrauch spezifisch gesehen weniger Flächen für die Energiegewinnung gegenüberstehen. Bei einem 11-stöckigen Bürohochhaus stellt dies eine große technische Herausforderung dar. Die Lösung liegt nicht in einer einzelnen Maßnahme, sondern in einem intelligenten Gesamtkonzept, das viele einzelne Komponenten integriert.
Stromerzeugung am Gebäude
Das Bürohochhaus wurde mit der größten gebäudeintegrierten Photovoltaik (PV)-Anlage Österreichs ausgestattet. Auf dem Dach des Gebäudes, an der Süd-West- und an der Süd-Ost-Fassade wurden PV-Module mit einer Gesamtleistung von 328,4 kWp auf einer Fläche von 2.199 m2 installiert. Der simulierte Jahresertrag der gesamten Anlage liegt bei 248.804 kWh. Auf der Dachfläche wurden die PV-Module mit einer Neigung von 15° installiert, wodurch die Ableitung von Schnee und Regenwasser gewährleistet ist und ein Selbstreinigungseffekt erzielt wird. An der Süd-West-Fassade wurden PV-Module zwischen den Fensterbändern in den Parapetbereich integriert. Hier kommen Module mit monokristallinen Solarzellen (Glas-Glas-Laminat) zum Einsatz. Die Süd-Ost-Fassade ist vollständig mit PV-Modulen ausgeführt. Ein Teil der Anlage wurde in die Fensterfläche des Stiegenhauses integriert, wobei semitransparente Module verwendet wurden, die Licht in das Gebäude einlassen.
Als weitere Energiequelle wird die Bremsenergie der Aufzüge genutzt. Die Energierückgewinnung wird durch einen regenerativen Antrieb realisiert. Bremst die Kabine ab, wird der Antrieb als Generator genutzt, mit dessen Hilfe die Bewegungsenergie der Kabine in elektrischen Strom umgewandelt wird. Reicht die aus diesen beiden Quellen gewonnene Energie nicht aus, um den Energiebedarf des Gebäudes zu decken, kann Strom aus dem elektrischen Netz bezogen werden. Energieüberschüsse werden nicht ins Netz eingespeist, sondern zu den benachbarten TU-Gebäuden transferiert und dort verbraucht.
Wärme & Kälteversorgung
Der Heizenergiebedarf des Bürobereichs kann fast vollständig mit Abwärme aus dem Serverraum gedeckt werden. Im Winterbetrieb bzw. in der Übergangszeit wird die Wärmeenergie aus den Servern über ein Verteilsystem im Fußboden an das Gebäude abgegeben. Der dadurch abgekühlte Rücklauf stellt zugleich den Vorlauf für die Serverkühlung dar. Sollte die Abwärme nicht ausreichen, um den aktuellen Wärmeverbrauch des Gebäudes zu decken, kann zusätzlich Wärme aus dem Wiener Fernwärmenetz bezogen werden.
In den wärmeren Monaten wird die Serverabwärme mittels zweier Hybridkühltürme an die Umgebungsluft abgeführt. Abhängig von der Temperatur der Umgebungsluft wird Kälte aus den Hybridkühltürmen entweder direkt mittels Free-Cooling oder indirekt über eine hocheffiziente Kältemaschine gewonnen. Dieses System wird im Sommer auch dazu genutzt, das Gebäude zu kühlen.
Zusätzlich verfügt das Gebäude über ein automatisches Nachtlüftungssystem, das einen Beitrag zur Kühlung des Gebäudes leistet. Bei Bedarf öffnen sich die Nachtlüftungsfenster und -klappen und lassen kühle Nachtluft durch Stiegenhaus- und Gangbereiche strömen. Für den Abzug der erwärmten Luft dienen die alten Lüftungsschächte der ehemaligen Laborräume. Die Strömung der Nachtluft wird dabei nur über den thermischen Auftrieb bewirkt und erfordert keine Hilfsenergie.
Ein wichtiger Baustein für den Komfort der NutzerInnen ist die hocheffiziente Lüftungsanlage mit Wärme- und Feuchterückgewinnung. Im Zuge des Planungsprozesses wurden verschiedene Lüftungskonzepte bis hin zu den Einzelkomponenten untersucht. Installiert wurde eine Anlage mit zwei Rotations-wärmetauschern, bei der je nach Bedarf ein Gerät zur Wärme- bzw. das zweite zur Wärme- und Feuchterückgewinnung verwendet wird.