Am Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und Technische Biowissenschaften der Technischen Universität (TU) Wien wird aktuell in Kooperation mit der voestalpine an der Weiterentwicklung eines neuen Verfahrens gearbeitet, bei dem aus Biomasse ein wasserstoffreiches Gas hergestellt wird. Dieses soll auf verschiedene Arten als Produktgas in der Eisen- und Stahlindustrie zum Einsatz kommen. Langfristiges Ziel ist es, erneuerbare Energieträger in die Produktionsprozesse von integrierten Hüttenwerken zu integrieren und damit die CO2-Bilanz zu verbessern.
Der sogenannte „Sorption Enhanced Reforming (SER)-Prozess“ wurde bereits im Vorgängerprojekt ERBA1 an der TU Wien entwickelt. Das Verfahren beruht auf einer Dampfvergasung von fester Biomasse in einem speziellen Wirbelschichtsystem, bei dem Kalk als Bettmaterial verwendet wird. Dabei wird Biomasse unter hohen Temperaturen so umgewandelt, dass zwei voneinander getrennte Gasströme entstehen: ein wasserstoffreiches Produktgas und ein CO2-reiches Abgas.
Erneuerbare Energie in der Eisen- und Stahlproduktion
Im Hochofen wird aus aufbereiteten Eisenerzen in einem kontinuierlichen Reduktions- und Schmelzprozess flüssiges Roheisen erzeugt. Das im Erz enthaltene Eisenoxid muss dabei in Sauerstoffatome und Eisenatome getrennt werden. Für diesen Prozess wird das bei der Nutzung von Koks entstehende Kohlenmonoxid benötigt. Aber auch Wasserstoff kann bis zu einem bestimmten Mengenanteil als Reduktionsmittel dienen. Bisherige Untersuchungen zeigen, dass mit dem neuen Verfahren der Anteil erneuerbarer Energie im Hochofen gesteigert werden kann, ohne die Qualität der Endprodukte zu beeinträchtigen.
Ein integriertes Hüttenwerk vereint eine Vielzahl von Produktionsschritten vom Roheisen bis zum fertigen Stahlprodukt. Das wasserstoffreiche Produktgas könnte in Zukunft bei verschiedenen Prozessschritten genutzt werden.
In ERBA II wird die Gesamtprozesskette von der Erzeugung des Wasserstoffgases bis hin zur Verwendung im Hüttenwerk in Zusammenarbeit mit der voestalpine weiter erforscht. An der TU Wien wurde dazu eine Forschungsanlage (Leistung 100 kW) errichtet. Der Prozess wird hier hinsichtlich Wirkungsgrad, Wasserstoffproduktionsrate und selektivem CO2-Transport untersucht und weiter optimiert. Damit will man die technischen Voraussetzungen für die Implementierung in große industrielle Demonstrationsanlagen schaffen.
Below-Zero-Emission
Bei dem Biomasse-Reforming-Prozess entsteht neben dem Wasserstoffgas ein mit CO2 angereichertes Abgas. Wird das CO2 an die Umgebung abgegeben, schließt sich der Kohlenstoffkreislauf, da nur so viel Kohlenstoffdioxid emittiert wird, wie vorher in der Biomasse gespeichert war. Der Prozess ist damit CO2-neutral. Die CO2-Bilanz kann noch weiter verbessert werden, wenn das CO2 aus dem Abgasstrom abgetrennt und weiter genutzt wird. Man spricht dann von „negativen“ Emissionen bzw. von einem „Below Zero Emission“-Prozess.
Die bisherigen Ergebnisse zeigen, dass das Konzept technisch möglich ist. Für hochwertige Biomasse wie Holzhackschnitzel ist die Umsetzung unter den aktuellen Rahmenbedingungen allerdings noch nicht wirtschaftlich. Weiterführende Forschungsarbeiten zielen darauf ab, auch andere kostengünstige biogene Rohstoffe (z. B. Waldrestholz, Rinde, Zuckerrohrbagasse oder andere biogene Reststoffe) nutzbar zu machen.
1 ERBA = Erzeugung eines Reduktionsgases aus Biomasse mittels Anwendung des SER-Prozesses