Univ.-Prof. Dr. Hermann Hofbauer TU Wien, Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und Technische Biowissenschaften, Foto: TU Wien

Univ.-Prof. Dr. Hermann Hofbauer
TU Wien, Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und Technische Biowissenschaften, Foto: TU Wien

Experten-Interview
Univ.-Prof. Dr. Hermann Hofbauer TU Wien, Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und Technische Biowissenschaften

Sie entwickeln an der TU Wien neue, effiziente Verfahren zur CO2-Abscheidung. Kann man diese als Brückentechnologien auf dem Weg in eine CO2-arme Zukunft bezeichnen?

Die Verfahren haben drei unterschiedliche Zielrichtungen:
•          die CO2 Abscheidung aus Abgasen aus Klimaschutzgründen (meist aus mit fossilen Brennstoffen betriebenen Anlagen),
•          die Aufbereitung eines Produktgases zur Qualitätssteigerung  (z. B. Biogas-Aufbereitung zu Erdgasqualität) und
•          die CO2-Gewinnung als Rohstoff für die Herstellung von Produkten (z. B. Methanolsynthese). 

In manchen Fällen können zwei oder auch alle drei Ziele verwirklicht werden. Beim ersten Punkt kann man durchaus von einer Brückentechnologie sprechen. Bis wir den Umstieg auf nachhaltige Energieträger vollzogen haben, könnte CCS die weitere Nutzung bestehender Infrastruktur ermöglichen, die auf fossilen Energieträgern basiert. Dabei würden Kohlendioxidemissionen substantiell reduziert und schwerwiegendere Folgen durch einen voranschreitenden anthropogenen Klimawandel abgewendet werden.

Wo kann das abgeschiedene CO2 sinnvoll genutzt werden?

Das abgeschiedene CO2 sollte möglichst nutzbringend verwendet werden. Es gibt eine Reihe von chemischen Prozessen, für die CO2 als Rohstoff genutzt werden kann oder aber auch für die Düngung von Pflanzen, wie das im Projekt ViennaGreenCO2 getestet wird. Ein aktuelles Beispiel für die Nutzung von CO2 ist auch die Methanierung im Zuge von Power-to- Gas Projekten. Ehrlicherweise muss man aber hier auch festhalten, dass der weltweite anthropogene CO2-Ausstoß um zumindest eine Größenordnung größer ist, als der aktuelle industrielle CO2-Bedarf.

Hat die Kombination der Verfahren zur Abscheidung und Nutzung von CO2 mit Bioenergie Zukunftspotenzial?

Die Kombination dieser Verfahren hat großes Potenzial, da man dadurch in kurzer Zeit CO2 aus der Atmosphäre entfernen kann. Die CO2-Emissionen aus Biomasse können bei nachhaltiger Nutzung als neutral bezeichnet werden. Bei einer zusätzlichen Abscheidung von CO2 ergeben sich dann sozusagen negative  CO2-Emissionen, d. h. es wird aus der Atmosphäre netto CO2 entzogen.

Auf welche Themen wird Ihr Team in Zukunft den Fokus legen?

Der Schwerpunkt unserer zukünftigen Forschung liegt sicherlich in der Entwicklung neuer bzw. der Verbesserung der bestehenden CO2-Abscheidetechnologien mit Zielrichtung Erhöhung der Qualität eines Produktgasstromes (z. B. Biogasaufbereitung zu Erdgasqualität) und weitere Nutzung des abgeschiedenen CO2. Wenn alle drei eingangs erwähnten Zielrichtungen bedient werden, ist das natürlich optimal.