Was waren in den 1970er Jahren die Beweggründe, das IEA-Forschungsnetzwerk ins Leben zu rufen?
Mit der ersten „Öl-(Preis)-Krise“ Mitte der 1970er Jahre wurde den Industriestaaten die Abhängigkeit in der Energieversorgung bewusst. 1974 wurde die Internationale Energieagentur als Teilorganisation der OECD mit dem Ziel gegründet, gemeinsame Maßnahmen zur Sicherstellung der Versorgungssicherheit in den OECD-Mitgliedsländern zu planen und umzusetzen. Österreich war eines der Gründungsmitglieder.
Wie hat sich die internationale Forschung & Entwicklung im Bereich erneuerbarer Energien in den letzten 40 Jahren entwickelt?
Die internationale Forschung und Entwicklung auf diesem Gebiet hat in Verbindung mit Demonstrationsprojekten entscheidend dazu beigetragen, dass sich der Markt für erneuerbare Energieträger – wie solarthermische und solarelektrische Anlagen, biogene Anlagen zur Wärme-, Strom- und Biokraftstoff-Erzeugung und Windkraftanlagen erfolgreich entwickeln konnte. Sowohl global als auch in Europa gibt es seit 2005 mittlere Jahres-Zuwachsraten im zweistelligen Bereich. Der Markt im Sektor erneuerbare Energie wurde zum Wirtschaftsfaktor: Ca. 6,5 Millionen Arbeitsplätze sind damit weltweit verbunden. In Österreich sind es derzeit rund 31.600 Vollarbeitsplätze. Im Jahre 2013 wurde in Österreich ein Umsatz von ca. 4,4 Milliarden Euro in diesem Wirtschaftssektor erzielt.
1980 wurden Sie zum österreichischen Vertreter im Executive Committee der Technologieinitiative „SHC Solar Heating and Cooling“ ernannt. Was waren die Zielsetzungen dieses Implementing Agreements?
Zunächst standen die Kollektorentwicklung, -tests und –standardisierung im Vordergrund. In weiterer Folge wurden attraktive Anwendungen für solarthermische Anlagen zunächst im Gebäudebereich und dann auch im Gewerbe- und Industriebereich erforscht, Pilotanlagen getestet und die Markteinführung eingeleitet. Das IEA SHC Programm hat auch die Entwicklung eines österreichischen Energieforschungskonzeptes mitbestimmt und es wurden zahlreiche Forschungsprojekte im Rahmen von IEA SHC initiiert und durchgeführt.
Wo konnte die österreichische Forschung und Entwicklung in diesem Bereich besondere Stärken entwickeln und international beachtete Erfolge erzielen?
Auf österreichische Initiative wurde die Erweiterung der Einsatzbereiche für solarthermische Anlagen erforscht. Mit großem Erfolg wurden Technologien für die Nutzung der Solarthermie zur Raumheizung sowie für Prozesswärme im Nieder- und Mittel-Temperaturbereich, oft in Kombinationen mit biogenen Energieträgern (Hackgut und Pellets) entwickelt. Ein weiteres wichtiges Forschungsthema war der Einsatz der Solarthermie für die Raumklimatisierung und Kühlung in sonnenreichen Ländern. Österreichische Firmen sind heute Weltmarktführer in den Bereichen Flachkollektoren und Biomassefeuerungsanlagen mit einem Exportanteil von bis zu 80 %. Um die internationale Spitzenstellung halten bzw. ausbauen zu können, sind viele österreichische Unternehmen dabei, ihre Produktionskapazitäten auszubauen und weiter zu automatisieren.
Wie sieht die zukünftige Entwicklung dieser Forschungskooperation aus, welche Strategien sind notwendig für eine nachhaltige Energiezukunft?
Die IEA-Forschungsprogramme von heute zielen auf eine Transformation von fossilen Energieträgern auf erneuerbare Energieträger ab. Als Zeitpunkt wird das Jahr 2050 angestrebt, spätestens bis 2100 sollten (laut UNO Klimabericht 2015) die klimawirksamen Kohlendioxidemissionen aus der Energiewirtschaft verschwinden. Dem Aufbau regionaler Energiesysteme in einer Kreislaufwirtschaft – in Verbindung mit höchstmöglicher Effizienz bei Erzeugung und Nutzung – wird heute der Vorzug gegenüber einem global organisierten Energiesystem gegeben. Optimal erscheint in regionalen Energiekonzepten die Kombination von dezentralen Systemen mit einem überregionalen System: Das dezentrale Energiesystem wird von einem zentralen Stromnetz (mit Anteilen von PV-Strom und Wind-Strom) unterstützt, und Überschussstrom aus den dezentralen Energie-Einheiten wird in das zentrale Netz eingespeist.