Studiengang „Industrielle Biotechnologie", Foto: Hochschule Biberach

Studiengang „Industrielle Biotechnologie", Foto: Hochschule Biberach

Experteninterview
Prof. Dr. techn. Heike Frühwirth, Hochschule Biberach

Prof. Dr. techn. Heike Frühwirth, Foto: Hochschule Biberach
Prof. Dr. techn. Heike Frühwirth, Foto: Hochschule Biberach

Sie lehren an der Hochschule Biberach im Studiengang „Industrielle Biotechnologie“ und beschäftigen sich mit innovativen Verfahren, die einem nachhaltigen Einsatz von Rohstoffen dienen. In welchen Industriezweigen sind diese Technologien besonders gefragt?
Die Industrielle Biotechnologie beschäftigt sich mit der Herstellung von Wertstoffen und Energie mithilfe von Mikroorganismen oder Enzymen. Die Endlichkeit der fossilen Ressourcen erfordert die Entwicklung unterschiedlicher Lösungen, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Aufgrund der hohen Bandbreite der eingesetzten Organismen und der hergestellten Produkte sind diese Prozesse in fast allen Industriezweigen anwendbar. Derzeit werden biotechnologische Produkte hauptsächlich in der Kosmetik-, Lebensmittel-, Chemie-, Pharmaindustrie sowie im Energiesektor umgesetzt.

Welche Technologien sind besonders vielversprechend, auch in Hinblick auf eine möglichst geringe Umweltbelastung?
Biotechnologische Verfahren, die eine hohe Flexibilität in Bezug auf Rohstoffquellen aufweisen, haben einen klaren Vorteil. Auch der saisonale Anfall von Rohstoffen stellt die Logistik vor eine große Herausforderung. Die Verwertung von Reststoffen spielt eine wichtige Rolle, allerdings sind die Qualitäten dieser Rohstoffe ebenso schwankend. Wenn man an zukünftige Szenarien der Bioökonomie denkt, wird es neuartige Lösungen geben müssen, die über das derzeit Machbare hinausgehen.

Ist die kaskadische Nutzung von Biomasse ein zukunftsweisender Ansatz?
Integrative Verfahrenskonzepte bieten ein hohes Wertschöpfungspotenzial, das biotechnologische Verfahren benötigen, um mit jahrzehntelang etablierten konventionellen Verfahren konkurrieren zu können. Die Umsetzung in Bioraffinerien kann einen erheblichen Beitrag dazu leisten, innovative und nachhaltige Lösungen zu bieten. 

Sie sind auch Expertin zum Thema Algenforschung. Welche Chancen sehen Sie für die Entwicklung der Algentechnologie?
Phototrophe Organismen verwerten, abweichend von anderen Mikroorganismen, CO2 als Kohlenstoffquelle, damit ist die Voraussetzung für eine Herstellung ohne Primärproduktion von Biomasse-Feed gegeben. Biobasierte Industrie bedeutet auch Flächenkonkurrenz – Algen sind davon nicht betroffen, eine Kultivierung auf nicht urbaren Flächen ist möglich. Dadurch haben Mikroalgen ein großes Potenzial, einen wertvollen Beitrag zur Bioökonomie zu leisten. Derzeit werden Mikroalgen für Herstellungsprozesse im Hochpreissektor eingesetzt.