Die erstmals in Güssing (Österreich) eingesetzte DUAL FLUID- Technologie wird heute bereits mehrfach in industriellem Maßstab zur Umwandlung von homogenen, nicht verunreinigten Holz-Hackschnitzeln verwendet (Oberwart/9 MW, Villach/15 MW in Österreich, Senden/Neu-Ulm/14 MW in Deutschland und Göteborg/32 MW in Schweden).
Um auch weniger hochwertige, lokal verfügbare Rohstoffe nutzen zu können, wird an der TU Wien zurzeit intensiv an der Weiterentwicklung der erfolgreichen Technologie in Richtung Brennstoffflexibilität und höhere Effizienz gearbeitet. Im Rahmen der Projekte G-volution I und II planen und bauen ForscherInnen am Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und Technische Biowissenschaften eine neuartige Versuchsanlage, in der industrielle Reststoffe und Agrarabfälle in ein hochwertiges, heizwertreiches Erdgassubstitut umgewandelt werden können. Mit dem neuen Wirbelschichtkonzept wird ein System entwickelt, das neben der breiten Brennstoffpalette ein qualitativ höherwertiges Produktgas, eine erhöhte Gesamteffizienz und optimale Voraussetzungen für große Anlagenleistungen gewährleistet.
Vor allem in großen Mengen anfallende, kostengünstige Brennstoffe wie Sägespäne, Rinde, Abfallholz, Klärschlamm, Strauchschnitt, Schwarzlauge, Stroh-, Schilf- und Pflanzenabfälle sowie andere biogene Reststoffe oder auch Abfälle stehen im Fokus des Interesses. Diese Brennstoffe stellen besondere Anforderungen an das Gaserzeugerkonzept. So fallen etwa höhere Mengen an Fein- und Grobaschen an, die kontinuierlich aus dem System abgeschieden werden müssen. Das neue Konzept wurde inzwischen als Innovation im Bereich der Wirbelschichttechnik patentiert. Die Ergebnisse der Versuche an einem Kaltmodell bilden die Grundlage für den Bau der Technikums-Heißanlage, die unter realen Bedingungen bei 850 °C das gewünschte Produkt- bzw. Synthesegas produzieren wird. Die Projektreihe wird in Zusammenarbeit mit dem Industriepartner TECON Engineering GmbH durchgeführt.
Die neue Versuchsanlage wird dazu beitragen, dass biogene Reststoffe in Zukunft verstärkt genutzt werden können. Ziel ist es vor allem Unternehmen, die aus produktions- und prozesstechnischer Hinsicht auf fossile Energieträger angewiesen sind, eine Alternative zu bieten. Vorrangig sollen dabei Industriebetriebe in Bereichen der Eisen- und Stahlindustrie und Petrochemie angesprochen werden.
Das DUAL FLUID-Konzept besteht aus zwei Wirbelschichten, die mit einer unten liegenden hydraulischen Verbindung kombiniert sind. Dabei liefert eine der zwei Wirbelschichten die für den Vergasungsprozess notwendige Energie durch Verbrennung eines Teils der Biomasse.
Die erzeugte Wärme wird über das Bettmaterial der Vergasungswirbelschicht zugeführt. Die Gase aus den beiden Reaktionsräumen werden dabei nicht vermischt. Somit ermöglicht die DUAL FLUID Vergasungstechnologie die Produktion von stickstofffreiem Produktgas. In klassischen Zweibettwirbelschichten ist der Vergasungsreaktor als stationäre blasenbildende Wirbelschicht und der Verbrennungsreaktor als zirkulierende Wirbelschicht ausgeführt. Die Ausführung als blasenbildende Wirbelschicht hat jedoch den Nachteil, dass über dem Bett ein Freiraum vorhanden ist, der nur Gas und kein katalytisch aktives Bettmaterial enthält.
Das neuartige Design des Vergasungsreaktors ersetzt den Freiraum durch geometrisch definierte Gegenstromzonen mit erhöhtem Gas/Feststoffkontakt. Eine Erhöhung der Interaktion von Bettmaterial und Gasströmen und die gezielte Nutzung von katalytisch aktiven Feststoffen verbessert die Qualität des Produktgases. Die für die Vergasung benötigte Wasserdampfmenge wird ebenfalls optimiert, um dadurch die Effizienz des Systems zu erhöhen.