Mit den heute am Markt verfügbaren Solartechnologien könnten prinzipiell viele industrielle Prozesse im Temperaturbereich bis 400 °C mit solarer Prozesswärme versorgt werden. Wirtschaftlich interessant ist der Einsatz von Solarwärme vor allem für industrielle Prozesse mit einem Wärmebedarf unter 100 °C. Gute Voraussetzungen sind in Brauereien gegeben, da hier der Wärmebedarf überwiegend auf einem Temperaturniveau von 50-100 °C liegt. Die AEE INTEC hat 2009 ein Forschungsprojekt durchgeführt, das methodische Ansätze zur Steigerung der Energieeffizienz mit Konzepten zur Solarintegration in Brauereien verbindet.
Abhängig von Produktionsmenge, Standort und Produktpalette wurden für drei Brauereien der Brau Union Österreich AG (seit 2003 Teil des internationalen Heineken Konzerns) konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz, Wärmeintegration und für den Einsatz erneuerbarer Energieträger entwickelt und in Teilen umgesetzt. Dabei konnten verschiedene Möglichkeiten der hydraulischen Prozessintegration (z. B. Vorwärmung, Rücklaufanhebung, Vorlaufeinspeisung, Prozessdirektversorgung) aufgezeigt und für verschiedene Wärmeträgermedien (Luft, Wasser, Thermo-Öl, Dampf) eingesetzt werden.
Marc Gross
Heineken, Chief Supply Chain Officer
Brewing a better future
Das Konzept der „Green Brewery“ zählt zu den langfristigen Unternehmenszielen des Heineken Konzerns. Im Rahmen des EU-Projekts „SolarBrew“ (kofinanziert vom Klima- und Energiefonds) erfolgt aktuell die großindustrielle Umsetzung von solaren Prozesswärmeanwendungen für Brauereien und Mälzereien im Leistungsbereich über 1 MWth.
Unter der Leitung der AEE INTEC realisiert der Heineken Konzern an drei europäischen Standorten solare Großanlagen für unterschiedliche Prozessschritte (Maischen, Pasteurisieren und Trocknen). Mitglieder des Konsortiums sind der Kollektorhersteller Sunmark A/S sowie GEA Brewery Systems GmbH als Partner aus dem Bereich Anlagenbau. Die österreichische Brauerei Göss wurde neben Standorten in Valencia (ESP) und Vialonga (POR) für die Umsetzung der innovativen Ansätze ausgewählt.
In Göss wurden in den vergangenen Jahren umfangreiche Maßnahmen in Richtung „Green Brewery“ unternommen. So wird bereits seit 2006 Biogas aus der Abwasseranlage gewonnen, 2007 erfolgten der Anschluss an eine Fernwärmeleitung sowie der Bau eines Heißwassernetzes zur redundanten Nutzung von Dampf und Heißwasser innerhalb der Brauerei. Derzeit werden 55-60 % der benötigten thermischen Energie aus CO2-neutralen Quellen abgedeckt. Ziel ist es, bis Ende 2014 100 % zu erreichen. Die erforderliche elektrische Energie wird bereits zu 100 % CO2-neutral bereitgestellt.
Solarunterstützter Maischprozess
Im Rahmen des EU-Projekts wird in der Brauerei Göss das Konzept für einen solarunterstützten Maischprozess mit einer Gesamtkollektorfläche von 1.375 m2 gekoppelt an einen 200 m2 Energiespeicher realisiert. Die Energiezufuhr für den Aufheizvorgang im Maischbottich erfolgte in der Brauerei Göss bisher über Halbrohre, die am Boden und an der Zarge des Maischbottichs verschweißt sind. Als Wärmeträgermedium diente ausschließlich Dampf, der in zwei erdgasbefeuerten Gaskesseln erzeugt wird.
Neben verschiedenen anderen Maßnahmen zur Energieoptimierung ist für den Maischprozess die Umstellung der Energieversorgung von Dampf als Wärmeträger auf Heißwasser ein wesentlicher Schritt, der die Einbindung der thermischen Solaranlage erst ermöglicht. Für diese Umstellung war es notwendig, den bestehenden Maischbottich mit innenliegenden Wärmetauscherplatten (sogenannten dimple plates) nachzurüsten. Der verbleibende Energiebedarf für den Maischprozess kann laut Simulationen etwa zu 30 % solarthermisch bereitgestellt werden. Um den Maischprozess vollständig über erneuerbare Energien versorgen zu können, wurde als Zusatzheizung der Anschluss an das anliegende Biomasse-Heizkraftwerk realisiert.
Multiplikatorwirkung der „Green Brewery“
Da prinzipiell alle Brauereien und Mälzereien ähnliche Energieversorgungsstrukturen aufweisen, wird mit der Realisierung der Demonstrationsanlagen ein Multiplikatoreffekt innerhalb der Branche erwartet. Durch ein begleitendes Monitoringprogramm sollen umfangreiche Umsetzungs- und Betriebserfahrungen gewonnen werden. Der Heineken Konzern plant die Ergebnisse der solaren Prozessintegration sowie der messtechnischen Begleituntersuchung in Schulungsmaßnahmen zu integrieren, um die konzernweite Umsetzung des Konzepts weiter zu forcieren.