Sie sind Koordinatorin und Moderatorin der Smart Service-Aktivitäten im Rahmen des Strategieprozesses Smart Grids 2.0. Warum sind neue Dienstleistungen und Geschäftsmodelle so wichtig für die Verbreitung von Smart Grids?
Wir erleben momentan einen großen Transformationsprozess: die Digitalisierung sämtlicher Arbeits- und Lebensbereiche. Unternehmen wie Google, Apple oder Amazon entwickeln digitale Technologien und bringen diese mit innovativen Geschäftsmodellen in den Markt. Dabei stellen sie die KundInnen in den Mittelpunkt. Genau diesen Menschen-zentrierten Ansatz benötigen wir auch bei der Gestaltung der Energiesysteme der Zukunft. Viele Technologien sind in einem ausreichenden Reifegrad verfügbar. Diese müssen wir nun mit neuen Geschäftsmodellen in den Markt bringen.
Welche Geschäftsmodelle könnten für KundInnen besonders interessant sein?
Naheliegend sind Geschäftsmodelle, die den KundInnen einen monetären Vorteil bieten. Es gibt schon heute Lösungen auf dem Markt, die sich an Haushalte mit hohem Verbrauch und Gewerbebetriebe richten. Durch Monitoring des Energieverbrauchs und konkrete Einspartipps kann ein finanzieller Vorteil erreicht werden, auch wenn man die Kosten für diese Energiedienstleistung berücksichtigt. Etwas weiter in die Zukunft gedacht diskutieren wir Geschäftsmodelle, die auf aktuellen Trends aufbauen. Nach dem Sharing Economy-Gedanken muss nicht jeder alles selbst besitzen, sondern man teilt sich z. B. eine Solaranlage. Diese kann über die Crowd finanziert werden. Die Anteilseigner beziehen den Strom, können ihn in einer Peer-Group handeln oder wenn sie möchten, sogar an Dritte spenden. Daten über Erzeugung und Verbrauch sowie die entsprechenden Softwarelösungen sind die Grundlage für diese Geschäftsmodell-Ideen.
Welche Zielgruppen werden adressiert?
Jedes Geschäftsmodell richtet sich an sehr spezifische Zielgruppen – von privaten Haushalten bis hin zu Betrieben oder Betreibern von Energieanlagen. Bei der Entwicklung von neuen Geschäftsmodellen und Services ist es essentiell, die Bedürfnisse der einzelnen Kundensegmente zu verstehen. Zum Beispiel sind BewohnerInnen von Mietwohnungen in Städten an Mieterstrom-Modellen interessiert, weil sie kein Eigentum haben und sich vielleicht trotzdem an der Energiewende beteiligen wollen. Hingegen haben finanziell unabhängige Hausbesitzer im Umland Mittel zur Verfügung, um in Solaranlagen, Heimspeicher oder E-Autos zu investieren. Für jede Kundengruppe muss das passende Geschäftsmodell entwickelt werden. Um das Verhalten und die Motive besser zu verstehen, können Datenanalysen genutzt werden.