Wie aktiv sind Österreichs Städte und Gemeinden, um die Weichen in Richtung Klimaneutralität zu stellen?
Obwohl eine einheitliche Definition fehlt, gibt die Klimaneutralität eine Ziellinie vor – Dekarbonisierung bis 2040. Dieses Ziel erfordert eine grundlegende und beschleunigte Transformation der Energie-, Wärme- und Mobilitätssysteme, der Planung und Umsetzung von Gebäuden sowie eine zielorientierte Arbeitsweise in Verwaltungen und die breite Einbindung der Bürger:innen. Einige Städte haben sich in verbindlichen Beschlüssen bereits zur Erreichung der Klimaneutralität bekannt. Vereinzelt wurden lokale Treibhausgasemissionen erhoben sowie Prognosen zur notwendigen Absenkung erstellt. Es liegen Klimafahrpläne vor, die konkrete Reduktionsziele setzen und diese mit Maßnahmen und systematischen Projektbündeln hinterlegen. Selten werden nur vereinzelte, unabhängige Klimaschutzprojekte umgesetzt. Die Spannbreite der Aktivität ist aber groß. Städte sind auch keine Inseln und daher in vielen Bereichen im Handlungsspielraum und der Entscheidungsgewalt beschränkt bzw. benötigen Rahmenbedingungen. Damit sie aktiv werden können, braucht es Weichenstellungen durch den Bund (z. B. erneuerbares Wärmegesetz), die Länder (z. B. Bauordnung, Raumordnungsgesetz), lokale Stakeholder:innen wie Energieversorger, Bauträger:innen (als Investor:innen) und die Bevölkerung (Akzeptanz, Verbraucherverhalten). Daher ist die ausgerufene Mission „Klimaneutrale Stadt“ des BMK in Zusammenarbeit mit dem Klima- und Energiefonds ein Meilenstein, der es zukünftig möglichst vielen Städten ermöglichen soll, sich mit den für sie passenden Weichen auseinanderzusetzen und diese auch aktiv zu stellen.
Was leistet die Vernetzungsplattform Smart Cities, die von Ihnen koordiniert wird?
Die Vernetzungsplattform (VPL) wurde im Jahr 2016 auf Initiative der „Smart Cities“ Wien, Graz und Salzburg sowie des BMK als Schnittstelle für den Wissensaustausch, das gegenseitige Lernen und das Übersetzen von städtischen Bedarfen in FTI-Fragen gegründet. Über bedarfsorientierte Austauschformate wurden so kommunale Transformations- und Innovationsprozesse beschleunigt, die Kooperation der Städte untereinander und mit Forschung und Wirtschaft gestärkt und auf eine formale Ebene gehoben sowie fortlaufend städteübergreifende Projekte initiiert. Die Aktivitäten haben das Interesse weiterer Städte geweckt. Heute sind zusätzlich Villach, Klagenfurt, Innsbruck, Linz und St. Pölten Teil der VPL. Mit der Erweiterung wurde nicht nur der Knowhow-Austausch vertieft, sondern auch die inhaltliche Ausrichtung neu gefasst. Die VPL richtet sich an der Klimaneutralität aus und legt den Fokus auf die Themen Energie- und Mobilitätswende, Digitalisierung, Klimaschutz und Klimawandelanpassung. Die Teilnahme an der VPL ist grundsätzlich freiwillig, kostenlos und für alle Städte möglich. Voraussetzung ist die aktive Beteiligung an den Formaten und das Beisteuern von Erfahrungen und Wissen.
Welche Rolle spielt der Knowhow-Transfer auf internationaler Ebene, z. B. im Rahmen des Technologieprogramms „Cities TCP“ der Internationalen Energieagentur (IEA)?
Der Blick über den Tellerrand schärft nicht nur das eigene Verständnis, sondern bietet auch wichtige Lösungsansätze für lokale Probleme. Daher spielen Kooperationen im D-A-CH Raum – aus denen z. B. österreichische Grundlagen für Energieraumplanung, Plusenergiequartiere oder Siedlungszertifizierung entstanden sind – sowie das Nutzen des Wissens von transnationalen Einrichtungen und Programmen der EU eine große Rolle. Insbesondere die Forschungsaktivitäten der IEA bieten ein breites Spektrum an technischen Lösungsbausteinen, die bislang nur selten für die Anwendung in Städten aufbereitet wurden. Diese Lücke versucht das Cities TCP über drei Ziele zu schließen:
> Aufbau eines Wissensmanagements zu Dekarbonisierung in Städten, das als One-Stop-Shop sowohl Städten als auch anderen TCPs zur Verfügung steht
> Übersetzung von vorhandenem Wissen aus der IEA Forschung in städtische Anwendungen und Formulierung von Forschungsfragen basierend auf städtischen Bedarfen
> Vernetzung von nationalen Städtenetzwerken sowie technischen und nicht-technischen Expert:innen zur Beschleunigung der Klimaneutralität.
Die Ambition der nationalen Aktivitäten muss immer sein, dass auch die kleinsten Gemeinden von internationalen, nationalen und Großstädte-bezogenen Aktivitäten und Projekten profitieren können. Dafür braucht es jedoch durchgehende Übersetzungsarbeit von der transnationalen auf die nationale bis hin zur regionalen Ebene.