INTERVIEW
DI Dina Bacovsky

DI Dina Bacovsky BEST – Bioenergy and Sustainable Technologies GmbH Exco-Vertreterin im IEA Technologieprogramm Bioenergy
DI Dina Bacovsky
BEST – Bioenergy and Sustainable Technologies GmbH
Exco-Vertreterin im IEA Technologieprogramm Bioenergy

Sie haben aktuell eine Studie zur Situation der Bioenergie in Österreich erstellt. Wie hat sich die Bioenergiebranche in den letzten Jahren entwickelt? 
Bioenergie ist in Österreich ein großer Erfolg. Wir produzieren Wärme, Strom und Biotreibstoffe in über 2.000 Biomasseheizwerken und Biomassekraftwärmekopplungsanlagen, rund 300 Biogasanlagen, 9 Biodieselanlagen und einer Ethanolanlage. Gleichzeitig entwickeln und vertreiben rund 20 österreichische Forschungseinrichtungen, 40 Institute an Universitäten und Fachhochschulen sowie 100 Unternehmen Bioenergietechnologien sowohl für den heimischen Markt als auch für den Export. Dennoch muss der Sektor noch weiter wachsen. Bioenergie kann und muss einen wesentlichen Beitrag leisten, um 2030 das gesteckte Ziel von minus 36 % Treibhausgasemissionen gegenüber 2005 zu erreichen.  

Wie beurteilen Sie die Rohstoffsituation in Österreich. Welche Potenziale hat Biomasse? 
Österreich ist ein waldreiches Land, fast die Hälfte der Staatsfläche ist bewaldet. Die Nutzung von Reststoffen der Forst- und Holzwirtschaft leistet derzeit einen Beitrag von rund 130 PJ zur Energiebereitstellung, weitere knapp 20 PJ werden aus der Verwertung von diversen Abfällen gewonnen. Biomasse kann bei weitem nicht den gesamten Endenergiebedarf von derzeit rund 1.100 PJ abdecken, aber einen wesentlichen Beitrag dazu leisten. In Zukunft könnten rund 50-100 PJ Energie zusätzlich nachhaltig aus Biomasse bereitgestellt werden. Die Nachhaltigkeit muss dabei über Begleitmaßnahmen sichergestellt werden, wie z. B. durch die Optimierung von Wertschöpfungsketten, Rezirkulierung der Asche, Renaturierung etc.
 
Welche Rolle kann die Bioenergie in einem zukünftigen integrierten Energiesystem spielen? 
Biomasse ist ein universell einsetzbarer Energieträger und kann in diversen Formen gespeichert und auch transportiert werden. Die Stromproduktion aus Biomasse sollte immer mit der Bereitstellung von Wärme gekoppelt sein; über Adsorptionsanlagen kann auch Kälte erzeugt werden. Biomassekraftwerke können Schwankungen anderer erneuerbarer Energieformen (Wind, Photovoltaik) ausgleichen und dabei helfen, Stromnetze zu stabilisieren. Biotreibstoffe können die Treibhausgasemissionen des Transportsektors senken; und Elektrofuels, die durch eine Kombination von Elektrolyse-Wasserstoff mit Kohlenstoff erzeugt werden, können erneuerbare Energie aus dem Stromsektor in den Transportsektor transferieren. Weil Biomasse speicherbar und in diverse Energieformen umwandelbar ist, wird sie eine wichtige Rolle im Energiesystem der Zukunft einnehmen.
 
Sie sind österreichische Vertreterin im Technologieprogramm IEA Bioenergy der Internationalen Energieagentur (IEA).
Wie profitiert die heimische Bioenergiewirtschaft von dieser Kooperation?
Vom intensiven Informationsaustausch in IEA Bioenergy profitieren die heimischen ForscherInnen und alle Unternehmen, die Bioenergietechnologien entwickeln und anbieten. Sie erfahren frühzeitig von internationalen Entwicklungen und Trends, richten ihre Forschung am Stand der Technik aus, und knüpfen Kontakte in andere Länder und potentielle Exportmärkte. Österreichische Technologien zur Verbrennung und zur Vergasung von Biomasse sind weltweit bekannt und verbreitet.

IEA Bioenergy
Die Technologieprogramme (TCPs) der Internationalen Energieagentur sind globale Forschungsnetzwerke, die ExpertInnen aus den Teilnehmerländern zusammenbringen und den Informationsaustausch und die Zusammenarbeit in Projekten ermöglichen. IEA Bioenergy verfolgt das Ziel, den Einsatz umweltverträglicher und konkurrenzfähiger Bioenergie auf Basis einer nachhaltigen Nutzung von Biomasse zu fördern und damit einen substanziellen Beitrag für eine zukunftsfähige Energieversorgung zu leisten.
 
Tasks mit österreichischer Beteiligung:
Task 32:      Biomasseverbrennung und -mitverbrennung
Task 33:      Thermische Vergasung von Biomasse
Task 37:      Energie aus Biogas
Task 39:      Markteinführung konventioneller und fortgeschrittener flüssiger Biotreibstoffe aus Biomasse
Task 40:      Markteinführung biobasierter Wertschöpfungsketten
Task 42:      Bioraffinerien in der Bioökonomie der Zukunft
Task 44:      Flexible Bioenergie und Systemintegration (BIOFLEX)
 
nachhaltigwirtschaften.at/de/iea/
www.ieabioenergy.com