DI Dr. Karin Stieldorf
Institut für Architektur und Entwerfen, TU Wien
(Video: Waldhör KG)
Sie haben mit Ihren StudentInnen das preisgekrönte LISI Haus entwickelt. Es zeigt, dass attraktive Architektur und hohe Wohnqualität mit nachhaltigen Bauweisen kostengünstig realisierbar sind. Wie geht das Projekt LISI weiter?
Einerseits wird das Projekt mit der Entwicklung von neuen Grundrisstypen für größere Familien fortgesetzt. Andererseits wollen wir das Thema Gebäudesteuerung weiter bearbeiten, da hier sehr viel Potenzial in Hinblick auf Energieeinsparung besteht. Es geht darum, Systeme zu nutzen, die uns beim richtigen Bewohnen von Gebäuden unterstützen können. Eine intelligente Steuerung hilft z. B. dabei, Temperatur und Lüftung bestmöglich zu regeln. Außerdem wollen wir das Gebäudekonzept in Richtung Vorfertigung mit einem Selbstbauanteil weiterentwickeln. Ein weiteres Feld sind mehrgeschossige Gebäude. Hier verbinden wir massive Strukturen mit vorgefertigten, leichten Strukturen, wobei die massiven Betonteile als Energiespeicher genutzt werden können.
Wie kann man das Haus an unterschiedliche Klimazonen und NutzerInnenbedürfnisse anpassen?
Zunächst braucht es immer eine sorgfältige Analyse des jeweiligen Klimas und der landestypischen Charakteristika. Die Ergebnisse fließen dann in die Gestaltung der Gebäudehülle ein. So kann z. B. die Dämmstoffdicke variieren, was sich sehr gut im Vorhinein berechnen lässt. Die Verschattungs- und die Versorgungssysteme können an das jeweilige solare Angebot angepasst werden. Auch die Anzahl der BewohnerInnen und deren Lebensweise spielen natürlich bei der Planung eine wichtige Rolle.
Haben innovative österreichische Entwicklungen im Bereich des nachhaltigen Bauens Chancen auf den internationalen Märkten?
Ja, ich glaube, das österreichische Know-how zu diesem Thema ist international sehr gefragt. Unsere Erfahrung beim Bewerb „Solar Decathlon“ hat gezeigt, dass wir uns weltweit mit anderen Institutionen sehr gut messen können. Ein Bereich, der international viel Beachtung findet, ist z. B. der Holzbau. Österreich gehört hier zu den führenden Ländern.
Nachhaltiges Bauen erfordert integrale Planungsprozesse. Wird dies in der Ausbildung von ArchitektInnen heute berücksichtigt?
Bei der jungen Generation ist das Interesse für nachhaltiges Bauen sehr groß. Ein kompaktes Lehrprogramm gibt es dazu zwar noch nicht, aber wir üben die integrale Planung im Rahmen des Fachs „Entwerfen“. Hier geben KollegInnen verschiedener Fachrichtungen ihr Feedback und Input zu den Projekten der Studierenden. Weiters bietet die TU Wien ein Postgraduate Studium an, das alle Komponenten des nachhaltigen Bauens in einer Ausbildung zusammenfasst.