Im Projekt KELVIN wurden unter Leitung der Joanneum Research Forschungsgesellschaft mbH* unterschiedliche Konzepte zur Reduktion städtischer Wärmeinseln analysiert. Im Zentrum stand u. a. die Frage, wie sich eine Veränderung der Oberflächenalbedo, d. h. des Rückstrahlvermögens von Dächern, Straßen und Parkflächen, auf das Mikroklima in dicht bebauten Stadtgebieten auswirkt. Auch der Einfluss von Gründächern auf den Urban Heat Island-Effekt wurde untersucht. Am Beispiel der Stadt Wien wurden mögliche Folgewirkungen, wie Energieeinsparungen durch einen geringeren Kühlbedarf der Gebäude und CO2-Emissionsreduktionen, quantifiziert.
Urbane Hitzeinseln reduzieren
Im urbanen Raum wird die eingestrahlte solare Energiemenge stärker als in land- und forstwirtschaftlichen Flächen absorbiert und länger gespeichert. Art und Farbgebung der Oberflächen von Hausdächern, Straßen, PKW-Abstellflächen etc. sowie die Wärmespeicherkapazität der eingesetzten Materialien spielen dabei eine wesentliche Rolle. Basierend auf hochaufgelösten Topographie- und Landnutzungsdaten wurden flächendeckend für die Region Wien Referenzwerte der Albedo des baulichen Bestands aus Satellitendaten des Zeitraums 2000 bis 2014 erhoben. Mit Hilfe mikroklimatischer Simulationen konnte das Projektteam abschätzen, wie durch die Veränderung der Oberflächenalbedo unterschiedlicher Stadtstrukturen und durch eine verstärkte Verdunstungsleistung von Grünbereichen (z. B. durch den Einsatz von hochreflektierenden Dachdeckungen, Gründächern und Fassadenbegrünungen) die Entstehung von Hitzeinseln reduziert werden kann.
Potenzialabschätzung für Wien
Die Projektergebnisse zeigen, dass die flächendeckende Anwendung hochreflektierender Dachdeckungen mit einem Rückstrahlvermögen von ca. 70 % in Kombination mit der vollen Umsetzung der Potenziale für Dachbegrünungen in Wien zu einer starken Abnahme der Anzahl an Hitzetagen (Höchsttemperaturen ≥ 30 °C) führen würde. Basierend auf Klima-Werten der Jahre 1981 bis 2010 ergibt sich für die Innere Stadt eine maximale Reduktion der Hitzetage um 29 % und in zentrumsferneren Bereichen um bis zu 20 %. Werden im Modell zusätzlich hochreflektierende Gebäudefassaden und versiegelte Flächen (als theoretisches Gesamtpotenzial) mitgerechnet, so könnten z. B. für die Wiener Innenstadt maximale Reduktionen von Hitzetagen um bis zu 53 % erreicht werden. Das Stromeinsparungspotenzial liegt in diesen Szenarien – bei gleichbleibender Kühlleistung – bei ca. 5.000 bis 20.000 MWh pro Jahr. Damit würden zwischen 600 bis 2.000 t CO2Äquivalente an Treibhausgasemissionen eingespart.
In Folgeprojekten sollen Methoden für die kostengünstige Übertragung der Modellierung auf andere Städte entwickelt werden. Auch die Umsetzung von Fallbeispielen, z. B. Messungen an eingerichteten Dachflächen mit höherer Albedo bzw. Dachbegrünungen, Bepflanzungen von Fußgängerzonen etc. in ausgewählten österreichischen Städten, ist geplant.
* Projektpartner
Joanneum Research Forschungsges. mbH, DIGITAL – Institut für Digitale Bildverarbeitung, LIFE – Institut für Klima, Energie und Gesellschaft, ZAMG – Zentralanstalt für Meteorolgie und Geodynamik