In der Hotellerie und Gastronomie ist der Energie- und Ressourcenverbrauch ein entscheidender Produktionsfaktor, der hohe Kosten und CO2-Emissionen verursacht. Der Betrieb von Hotels und Tourismuseinrichtungen ist von komplexen Stoffströmen gekennzeichnet. Bisher werden beim Neubau und der Sanierung in diesem Sektor meist nur einzelne Komponenten isoliert betrachtet und Synergiepotenziale kaum genutzt. Ein zukunftsweisendes ökologisches Leuchtturmprojekt wurde mit der Neuausrichtung des Gastronomie- und Hotelbetriebs „Steirereck am Pogusch“ in exponierter Alleinlage auf rund 1.100 Metern Seehöhe umgesetzt. Unter dem Projektnamen „Energy²POG“ realisierten die Betreiber des Unternehmens, Familie Reitbauer, ein beispielhaftes Plus-Energie-Ensemble und ein nachhaltiges ökologisches Gesamtkonzept1. Dazu wurden die bestehenden Gebäude (ein Haupthaus sowie mehrere Nebengebäude) energetisch optimiert und durch innovative Neubauten erweitert.
„Unser Wunsch, am Pogusch eine funktionierende Kreislaufwirtschaft nicht nur für den landwirtschaftlichen und gastronomischen Bereich sondern auch den Energiesektor zu schaffen, konnten wir mit Hilfe unserer Partner erfolgreich umsetzen.“
Birgit und Heinz Reitbauer
Geschäftsführung Steirereck-Stadtpark GmbH
Das optimierte Konzept ermöglicht die Integration sämtlicher betrieblicher Stoffströme. Der Fokus lag auf der erneuerbaren Energieversorgung (Wärme, Kälte, Strom) und wurde durch zahlreiche Maßnahmen zur Reduktion des Ressourcenverbrauchs und zur Senkung des mobilitätsbedingten Energie- und CO2-Verbrauchs ergänzt. Energy2POG demonstriert, wie durch ein umfassendes Maßnahmenbündel ein nahezu energieautarkes, ressourcenschonendes Tourismusprojekt realisiert werden kann. Das Projekt ist ein Best Practice Beispiel für weitere Betriebe und kann auch in urbanen Räumen umgesetzt werden.
Ressourcenschonung und Kreislaufwirtschaft
Ziel des baulichen Konzepts war eine ressourcenschonende, energieeffiziente Bauweise (u.a. hoher Dämmstandard und optimale Zonierung der beheizten Bereiche) sowie die achtsame Revitalisierung und optimale Nutzung der Bestandsgebäude. Küche, Beherbergung, Steinhaus, Holzhaus und Landwirtschaft wurden erweitert bzw. revitalisiert und mit neuen Elementen (u. a. zwei Glashäuser sowie spezielle Gebäude für die Mitarbeiter- und Gästeunterbringung wie z. B. Baumhäuser) ergänzt. Trotz der Unterschiedlichkeit der Gebäude und spezieller Nutzungsanforderungen wurde großer Wert auf die Qualität des Gesamtensembles gelegt. Ein Grundsatz des Betriebs „Steirereck am Pogusch“ ist es, möglichst viele lokale Ressourcen zu verwenden. So werden u. a. Komponenten in eigener Produktion gefertigt und Bauteile oder Möbel instandgesetzt und wieder verwendet. Je nach Bausubstanz und Kosten kamen bei der Sanierung weitgehend ökologische Baustoffe und Materialien zum Einsatz.
Innovatives Energiekonzept
Der „Hybride Energieverbund“ basiert auf dem Zusammenspiel und der Optimierung unterschiedlicher erneuerbarer Energiesysteme und baut auf den Einsatz von Solarenergie, regionale Biomasse und passive Komponenten. Die bereits bestehenden Versorgungsanlagen wurden gemeinsam mit neu errichteten Systemen in eine Gesamtlösung integriert. Als Ergänzung soll eine Biomasse KWK-Anlage mit rund 100 kW thermisch und 50 kW elektrisch zum Einsatz kommen. Die neuen Gebäude wurden im Niedrigenergiestandard und teilweise mit Passivhauskomponenten ausgeführt und mit kontrollierten Be- und Entlüftungsanlagen inkl. Wärmerückgewinnung ausgestattet. Die Wärmeabgabe erfolgt über Niedertemperatursysteme, z. B. Fußboden- und Wandheizung sowie einer umfangreichen Bauteilaktivierung der Boden und Deckenflächen. Weder Bestandsgebäude noch Neubauflächen werden aktiv klimatisiert, stattdessen werden die natürlichen klimatischen Gegebenheiten auf einer Seehöhe von 1.100 Metern herangezogen, um die Frischluft vorzukonditionieren (z. B. Lufterdkollektor) bzw. im Sommer die kühle Außenluft zur Auskühlung der Speichermasse zu nutzen. Mit dem integrierten Energiekonzept wird Plus-Energie-Standard für das gesamte Areal „Steirereck am Pogusch“ erreicht.
Energiespeicherung und smarte Regelung
Um einen hohen Eigenversorgungsgrad mit der vor Ort generierten, erneuerbaren Energie zu erreichen und schwankende Lastprofile des Gastronomiebetriebs ausgleichen zu können, wurden verschiedene Komponenten zur Energiespeicherung und smarten Regelung von Erzeugung und Verbrauch implementiert:
>Heizungspufferspeicher (38,5 m³)
>Trinkwasserspeicher (ca. 70 m³)
>Brauchwasserzisternen (ca. 40 m³) zur Regenwassernutzung
>Thermische Aktivierung von Beton- und Fundamentbauteilen
>Stationäre Batteriespeicher (ca. 80 kVA) (geplant)
>Last- und Energiemanagement für Stromverbrauchsanlagen
>Mobile Batteriespeicher aus Elektrofahrzeugen (geplant)
>Smartes Regelungskonzept
>Wärmerückgewinnung aus Gewerbekälteanlagen
>Wärmerückgewinnung aus Abwärme Holzöfen
Ein zentraler Aspekt ist die vielfältige Nahrungsmittelproduktion vor Ort. Das Unternehmen betreibt eine nachhaltige Landwirtschaft zur teilweisen Selbstversorgung. Obst und Gemüse werden auf Freiflächen und in den neu errichteten gebäudeintegrierten Glashäusern angebaut. Die Gewächshäuser wurden thermisch hochwertig ausgeführt und strikt in einen moderat beheizten Teil und in einen gering temperierten Teil getrennt.
nachhaltigwirtschaften.at/de/sdz/projekte/energie2pog.php
1 Projektpartner: AEE INTEC (Projektleitung), Steirereck-Stadtpark GmbH,
TBH Ingenieur GmbH, PPAG Architekten