Wirbelschicht-Versuchsanlage für Chemical Looping Combustion und Biomassevergasung, Foto: TU Wien, Institut für Chemische Verfahrenstechnik und Energietechnik

Wirbelschicht-Versuchsanlage für Chemical Looping Combustion und
Biomassevergasung, Foto: TU Wien, Institut für Chemische Verfahrenstechnik
und Energietechnik

OxyCar-FBC
Neue Verfahren für die thermische Biomassenutzung

Im Rahmen des ERA-NET Projekts OxyCar-FBC1 erarbeitet ein österreichisch-schwedisches Konsortium aus Wissenschaft und Industrie zwei neue Verfahren für die effiziente und klimaschonende Energieerzeugung aus Biomasse. Die TU Wien (Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und technische Biowissenschaften) kooperiert dabei mit Bertsch Energy (Bludenz) sowie der Chalmers University of Technology (Göteborg) und dem Energieversorger Göteborg Energi.

2018 konnten in Österreich rund 9,9 Mio. Tonnen CO2-Äquivalent durch die Nutzung fester biogener Brennstoffe eingespart werden.
www.bmvit.gv.at/themen/innovation/publikationen/energieumwelttechnologie/biooekonomiestrategie.html

Innovatives Konzept

Bei der Verbrennung und Vergasung von Biomasse kommt heute oft das Wirbelschichtverfahren zum Einsatz, eine flexible, robuste und schadstoffarme Feuerungstechnologie. Als Wirbelbettmaterial wird dabei meistens Quarzsand verwendet. Zentraler Ansatz von OxyCar-FBC ist es, das herkömmliche Bettmaterial teilweise oder gänzlich durch Metalloxide zu ersetzen. Diese sogenannten „Sauerstoffträger“ werden im Kontakt mit Luft oxidiert und im Kontakt mit Brennstoff reduziert und können somit selektiv Sauerstoff transportieren. Diese Eigenschaft will man nutzen, um das Wirbelschichtverfahren noch effizienter zu machen bzw. das bei der Verbrennung anfallenden CO2 direkt im Prozess abzuscheiden. Das „OCAC“-Verfahren könnte kurzfristig großtechnisch umgesetzt werden, die „Chemical Looping Combustion“-Technologie hat das Potenzial, die thermische Biomassenutzung langfristig deutlich effizienter und umweltschonender machen.

Oxygen Carrier Aided Combustion (OCAC)

In herkömmlichen Wirbelschichtfeuerungen für Biomasse oder Abfall ist die ausreichende Durchmischung von Brennstoff und Verbrennungsluft eine der größten Herausforderungen. In der Nähe der Brennstoffeinbringung entsteht oft ein lokaler Sauerstoffmangel, gleichzeitig herrscht abseits davon teils ein sehr hoher Luftüberschuss. Zusätzlich kommt es zu Schwankungen durch die Brennstoffzusammensetzung (z. B. den Wassergehalt) und die Brennstoffmenge. Um diese Schwankungen  auszugleichen, muss insgesamt ein Luftüberschuss von 20 % im Brennraum vorhanden sein. Im OCAC-Verfahren wird das herkömmliche Bettmaterial durch einen Sauerstoffträger ersetzt, der den Sauerstoff puffern und innerhalb der Wirbelschicht transportieren kann. Er nimmt den Sauerstoff in brennstoffarmen Zonen auf und gibt ihn in brennstoffreichen Zonen wieder ab. So werden Durchmischungsprobleme gelöst und die Verbrennung insgesamt effizienter gestaltet.
 
Erste Versuche zeigen, dass der Luftüberschuss reduziert und CO-Spitzen vermieden werden können. Da durch die homogenere Verbrennung lokal weniger Temperaturspitzen auftreten, werden auch die Stickoxidemissionen um 30 % reduziert. Im Rahmen des Projekts wurden geeignete Sauerstoffträger identifiziert, die im nächsten Schritt an einer industriellen Biomassefeuerung mit 100 MW Brennstoffleistung erprobt werden sollen.

Chemical Looping Combustion (CLC)

Das zweite Verfahren ist eine völlig neue Verbrennungstechnologie, bei der das anfallende CO2 direkt abgeschieden wird. Die Verbrennung wird dabei auf zwei Reaktionszonen (d. h. zwei Wirbelschichten) aufgeteilt. Als Bettmaterial kommt auch hier ein Sauerstoffträger zum Einsatz. Im „Air Reactor“ wird dieser durch die Verbrennungsluft oxidiert und im „Fuel Reactor“ durch Kontakt mit dem Brennstoff reduziert. Somit entstehen zwei Abgasströme: Das Abgas des Air Reactors besteht aus Stickstoff und Restsauerstoff, das des Fuel Reactors ausschließlich aus den Verbrennungsprodukten CO2 und Wasserdampf. Nach der Kondensation des Wasserdampfes erhält man einen hochkonzentrierten CO2-Strom. Das CO2 wird so nahezu ohne zusätzlichen Energieaufwand abgeschieden und kann anschließend für Syntheseprozesse (Carbon Capture and Utilization – CCU) genutzt oder gespeichert werden (Bio Energy Carbon Capture and Storage – BECCS). Im Fall von BECCS ist es möglich, mit dem Prozess sogar negative CO2 Emissionen zu erzielen.2
 
Der Chemical Looping Combustion Prozess findet bei Temperaturen zwischen 900 und 1.000 °C statt. Mit einem Abhitzekessel wird Hochdruckdampf erzeugt, der dann weiter in Strom und Wärme umgewandelt werden kann. Das Verfahren wurde im Rahmen des Projekts erfolgreich an einer 80 kW Pilotanlage an der TU Wien getestet, wo bereits in einem frühen Entwicklungsstadium 90 % Brennstoffumsatz erreicht werden konnte.
 
Die Projektergebnisse bilden die Grundlage für umfangreiche techno-ökonomische Untersuchungen durch die Industriepartner. Dabei wird analysiert, unter welchen Rahmenbedingungen die beiden Verfahren wirtschaftlich eingesetzt werden können.

ERA-NET Bioenergy
ERA-NET unterstützt (im Rahmen des EU-Programms Horizon 2020) die Koordinierung von nationalen und regionalen Förderprogrammen und somit die grenzüberschreitende Forschungs- und Technologiezusammenarbeit in Europa. ERA-NET Bioenergy ist ein Netzwerk von nationalen Förderstellen, welche die Entwicklung von Bioenergietechnologien forcieren. Der Klima- und Energiefonds und das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) unterstützen mit ihrer Teilnahme an dieser internatio­nalen Kooperation die koordinierte Förderung transnationaler Forschungs- und Entwicklungsprojekte zur nachhaltigen Nutzung von Bioenergie. Teilnehmende Länder sind Deutschland, Niederlande, Österreich, Polen, Schweden, Schweiz und das Vereinigte Königreich.
www.eranetbioenergy.net

 

1 Oxygen Carriers in Fluidized Bed Combustion of Biomass for Higher Efficiency, Reduced Emissions and (or) Negative CO2
2 Netto-Negativ-Emissionen können erreicht werden, wenn mehr Treibhausgase gebunden werden, als in die Atmosphäre gelangen. Mit BECCS, also Bioenergie in Kombination mit Carbon Capture and Storage (CCS) wird CO2-neutrale Biomasse in Kraftwerken verbrannt, das CO2 umgehend abgeschieden und in geologischen Tiefenlagern gespeichert. In Österreich ist die geologische Speicherung von CO2 aktuell ausschließlich zu Forschungszwecken und nur mit einem geplanten Gesamt­speichervolumen von weniger als 100.000 Tonnen erlaubt.

 

  • Detailaufnahme einer Wirbelschicht, Foto: TU Wien, Institut für Chemische Verfahrenstechnik und Energietechnik
    Detailaufnahme einer Wirbelschicht, Foto: TU Wien, Institut für Chemische Verfahrenstechnik und Energietechnik
  • Wirbelschicht-Versuchsanlage für Chemical Looping Combustion und Biomassevergasung (ohne Isolierung), Foto: TU Wien, Institut für Chemische Verfahrenstechnik und Energietechnik
    Wirbelschicht-Versuchsanlage für Chemical Looping Combustion und Biomassevergasung (ohne Isolierung), Foto: TU Wien, Institut für Chemische Verfahrenstechnik und Energietechnik