In der südsteirischen Gemeinde Gabersdorf ist seit Mai 2023 die erste außerbetriebliche Produktionsanlage für „grünen“ Wasserstoff in Österreich in Betrieb. Das Modell-Projekt der Energie Steiermark1 verfolgt einen ganzheitlichen „Power-to-Gas“- Ansatz und demonstriert die Kopplung der Produktion von grünem Wasserstoff mit einer lastflexiblen Methanisierung sowie die Speicherung und Verteilung des erneuerbaren Wasserstoffs und des synthetisch erzeugten grünen Erdgases. Die Anlage auf dem 10.000 m2 großen Areal besteht aus einer Photovoltaik-Großanlage mit 6.000m² Kollektorfläche, einem Elektrolyseur für die Produktion von grünem Wasserstoff, einer Trailer-Abfüllanlage sowie der Methanisierungseinheit, die mit einer bestehenden Biogasanlage verbunden ist.
Nachhaltiger Energiekreislauf
Mittels Elektrolyse wird Wasser mit Strom aus erneuerbaren Quellen in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff gespalten. Der gewonnene Wasserstoff kann ohne weitere Umwandlung als CO2-freier Energieträger direkt in Fahrzeugen und für unterschiedliche industrielle Prozesse verwendet werden. Alternativ wird der Wasserstoff durch Zufuhr von Rohbiogas CO2-neutral in Methangas umgewandelt und dann in das bestehende Erdgasnetz eingespeist. Wasserstoff ermöglicht so einen geschlossenen, nachhaltigen und emissionsfreien Energiekreislauf.
Kopplung mit einer BiogasAnlage
Die Methanisierungstechnologie wurde bereits in einem früheren Projekt entwickelt und im Labormaßstab umgesetzt. Im Rahmen von „Renewable Gasfield“ erfolgt die Demonstration dieser Technologie im großen Maßstab mit direkter Kopplung zu einer Biogasanlage. Bei der Vorbehandlung des Biogases werden lediglich katalysatorschädliche Substanzen durch Adsorption abgeschieden. Das Biogas kann danach direkt der Methanisierung zugeführt werden, wodurch eine sonst übliche aufwändige CO2-Abscheidung vor der Einspeisung ins Erdgasnetz entfällt.
ZAHLEN & FAKTEN ZUM PROJEKT
> Baustart: März 2022
> Inbetriebnahme: Mai 2023
> Investitionssumme: rd. 10,5 Mio. Euro (2,6 Mio. Euro gefördert)
> 10.000 m2 Anlagenfläche Power-to-Gas
> PV-Großanlage mit 6.000 m² Kollektorenfläche (850 kWP)
> bis zu 300 t Wasserstoffproduktion pro Jahr
> ca. 5.200 t CO2-Ersparnis pro Jahr
> Betriebsstunden Elektrolyse: 7.000 h/a
> Betriebsstunden Methanisierung: 1.000 h/a
Ergebnisse und Perspektiven
Der modulare Aufbau des Infrastrukturkonzepts ermöglicht eine unabhängige Erweiterung und die Anpassung aller Anlagenteile an zukünftige Anforderungen und Geschäftsmodelle. Im Vollausbau sollen in der Anlage bis zu 300 Tonnen grüner Wasserstoff jährlich erzeugt werden. Das grüne Gas wird in Trailer abgefüllt, ist somit speicher- und transportierbar und steht für den Einsatz in verschiedenen Sektoren zur Verfügung. Erster Großkunde ist das Industrieunternehmen Wolfram Bergbau und Hütten AG, eine Tochter des global agierenden Sandvik-Konzerns. Der Betrieb in St. Martin ist Weltmarktführer bei Wolfram-Pulvern und übernimmt jährlich rund 70 Tonnen des grünen Wasserstoffs für seine Energieprozesse.
Bis 2035 plant die Energie Steiermark den Ausbau der Elektrolyseleistung auf 150 MW für die Erzeugung von grünem Wasserstoff auf „on-site“ Anlagen für Industriekunden sowie den Betrieb von steirischen „Energy Hubs“ an strategischen Netzknotenpunkten. Um den effizienten und sicheren Transport, die Verteilung sowie die Integration grüner Gase zu ermöglichen, will der Energieversorger dafür eine rund 200 km lange Wasserstoffnetzinfrastruktur bereitstellen.
Neben der Industrie soll grüner Wasserstoff der Energie Steiermark künftig auch im Mobilitätssektor zum Einsatz kommen. Große Potenziale dafür werden im Schwerverkehr gesehen. Erste potenzielle Abnehmer für hochreinen grünen Wasserstoff könnten u. a. Unternehmen aus der Speditionsbranche oder der Bauindustrie sein, die aktuell Pilotprojekte starten bzw. erste Testfahrzeuge anschaffen, um ihre betrieblichen Flotten zu dekarbonisieren.
„Grüner Wasserstoff bildet einen wesentlichen Baustein für die Energiewende. Auf Basis der Erfahrungen des Pilotprojekts Gabersdorf planen wir den systematischen Ausbau der Wasserstoffproduktion in Zusammenarbeit mit der Industrie – in einem ersten Schritt sind 150 Megawatt geplant. Gleichzeitig arbeiten wir daran, unsere bestehende Erdgas-Netzinfrastruktur fit für die Integration grüner Gase zu machen, hier haben wir Leitungen mit einer Gesamtlänge von rund 200 Kilometer im Fokus, die wir technisch aufrüsten wollen.“
Christian Purrer und Martin Graf
Vorstand der Energie Steiermark
www.wiva.at/project/renewable-gasfield
1 Projektpartner: Energie Steiermark Technik GmbH (Projektkoordination), Energienetze Steiermark, Montanuniversität Leoben/Lehrstuhl für Verfahrenstechnik des industriellen Umweltschutzes, HyCentA Research GmbH, Energieninstitut an der JKU Linz, Energieagentur Steiermark, Amt der Steiermärkischen Landesregierung, A15 – Fachabteilung Energie und Wohnbau
Das Projekt Renewable Gasfield wird im Rahmen der Forschungsinitiative WIVA P&G – Wasserstoffinitiative Vorzeigeregion Austria Power & Gas durchgeführt.
www.wiva.at