Das Projekt RERA-pro des steirischen Unternehmens Botres Global GmbH hat die industrielle Erforschung einer integrierten Reststoff-Bioraffinerie zum Ziel. Projektpartner sind die Stipits Entsorgung GmbH sowie die Arbeitsgruppe Prozesstechnik des Instituts für Lebensmitteltechnologie an der Universität für Bodenkultur Wien. Durch Systemintegration und Vernetzung verschiedener innovativer Technologien sollen aus Biomüll ganz ohne Emissionen hochwertige Produkte hergestellt werden.
Das innovative Konzept unterscheidet sich von „kaskadischen“ Ansätzen, da die Ressource Biomasse in einem integrierten Prozess vollständig verwertet wird. Die Energieproduktion und die stoffliche Nutzung der Biomasse konkurrieren dabei nicht miteinander. Der integrative Ansatz verbindet Biogas-Erzeugung, Gärrestaufbereitung und Algenfermentation in einer Anlage. Die bei der Erzeugung von Biogas anfallenden Gärreste werden verwendet, um kundenspezifische Dünger und Qualitäts-Protein-Futter herzustellen. Zwei Drittel des noch verbleibenden Gärrests werden in sauberes Wasser umgewandelt. Weiters werden der Biogasprozess und die Gärrestaufbereitung genutzt, um an Stickstoff für die Fermentation von heterotrophen Algen zu gelangen. Bei nur 20 % weniger Biogas-Produktion werden in dem Verfahren bis zu 70 % des anfallenden Stickstoffs verwendet.
Heterotrophe Algenproduktion
In der stofflichen Nutzung von Algen liegt ein enormes Potenzial. Mikroalgen werden zur industriellen Produktion von mehrfach ungesättigten Fettsäuren für die Nahrungs- und Futtermittelindustrie eingesetzt. Auch in der chemischen und pharmazeutischen Industrie können Mikroalgen als Rohstoffe genutzt werden. In der Regel brauchen Algen bei der phototrophen Herstellung Sonne, CO2 und Wasser, um wachsen zu können. Die Sonne steuert die Energie zur Bindung von CO2 in der Photosynthese bei. Das Kohlendioxid wird in diesem Prozess in Form von chemischen Verbindungen gebunden und stellt eine Kohlenstoffquelle für die Algen dar. Bei der Fermentation von heterotrophen Mikroalgen ist keine Versorgung mit Licht und CO2 für das Wachstum der Algen notwendig. In der heterotrophen Algenzucht werden die Algen-Zellen statt mit CO2 mit anderen Kohlenstoffquellen wie Zucker oder Essigsäure zum Wachstum gebracht.
Biomüll als Proteinquelle für Aquakulturen
Die heterotrophen Algen sollen im RERA-pro-Konzept als Proteinquelle (Algen SCP = Single Cell Protein) für Aquakulturen dienen. Mit dem Konzept will man hohe Kosteneinsparungen erzielen, die Produktionskosten für SCP sollen um 50 bis 70 % sinken. Die Erschließung neuer, maßgeschneiderter Futter-Proteinquellen ist aufgrund des weltweit zu erwartenden Fischmehl-Engpasses eine globale Herausforderung. Dies gilt auch für die Industrieländer – in der EU liegt die Eigenversorgung mit Futterprotein bei nur 32 %. Heterotrophe Algen stellen einen optimalen Ersatz für Fischmehl dar. Gegenüber pflanzlichen Proteinen zeichnen sie sich u. a. durch ein besseres Aminosäurespektrum und einen höheren Gehalt an Omega-3-Fettsäuren im Fisch aus.
Die Produktion von heterotrophen Algen aus Biomüll ist ein zukunftsweisendes Konzept, das dazu beitragen kann, dem weltweiten Engpass an Futter-Proteinquellen entgegenzuwirken. Die Umsetzung einer ersten integrierten Reststoff-Bioraffinerie ist für 2017 in Form einer Forschungs- und Versuchsanlage am Standort der Firma Stipits in Rechnitz im Burgenland geplant.
Netzwerk Algen
Um die Forschung, Entwicklung und Umsetzung von Technologien sowie Produkten mit Bezug zu Mikroalgen zu stärken, betreibt das bmvit das Netzwerk Algen. Jährlich findet ein Treffen statt, bei welchem sich die AkteurInnen aus dem Bereich auf den neuesten Stand bringen und vernetzen können. Neben nationalen Aktivitäten wird auch ein länderübergreifender Informationsaustausch im Rahmen einer geplanten D-A-CH-Kooperation angestrebt.
Weiterführende Informationen:
www.nachhaltigwirtschaften.at
https://infothek.bmvit.gv.at