NÖM Molkereibetrieb in Baden bei Wien, Foto: NÖM, Mario Pampel

NÖM Molkereibetrieb in Baden bei Wien, Foto: NÖM, Mario Pampel

SANBA
Industrielle Abwärme für die Energieversorgung eines zukünftigen Stadtquartiers

Mit dem 2018 gestarteten Projekt Smart Anergy Quarter Baden (SANBA) entwickelt das AIT Austrian Institute of Technology* ein Konzept für ein Niedertemperatur-Heiz- und -Kühlsystem, ein sogenanntes Anergienetz, für die 2014 aufgelassene „Martinek-Kaserne“ in Baden bei Wien. Das 40 Hektar große Areal, das sich im Besitz des Bundesministeriums für Landesverteidigung befindet, war in den letzten Jahren Gegenstand zahlreicher Entwicklungspläne. Hier könnte ein gemischt genutztes neues Stadtquartier mit Wohn-, Gewerbe- und Bürogebäuden entstehen. Für die denkmalgeschützten Gebäude der ehemaligen Kaserne besteht unabhängig von der zukünftigen Nutzung ein Sanierungsbedarf. Zentrale Idee für die Sanierung ist es, das Quartier mit industrieller Niedertemperatur-Abwärme aus Prozessen des benachbarten Molkereibetriebs NÖM zu versorgen. Auch weitere lokal verfügbare Energiequellen wie z. B. Geothermie, Photovoltaik und Solarthermie könnte man zur Energieversorgung der Gebäude nutzen.
 
Lokale Anergienetze sind Rohrleitungsnetze, die Wasser mit niedrigen Temperaturen (im Bereich von 4 bis 30° C) zwischen einzelnen Gebäuden oder Gebäudegruppen verteilen. Das Wasser kann sowohl zum direkten Kühlen („free cooling“) als auch zum Heizen und Kühlen mit Einsatz von Wärmepumpen verwendet werden. Anergienetze eröffnen neue Möglichkeiten für die dezentrale Energieversorgung. Durch die Bildung von lokalen Energiegemeinschaften ist die Integration von vor Ort verfügbaren, erneuerbaren Energiequellen möglich und die Flexibilität wird erhöht. Die Gebäude eines Quartiers werden als Energie-Produzenten und -Konsumenten zu aktiven Netzteilnehmern.

Machbarkeitsstudie

Für die effiziente Planung eines lokalen Niedertemperatur-Heiz- und -Kühlnetzes wird ein mehrschichtiger, interdisziplinärer Simulationsalgorithmus entwickelt. Es werden Simulationen für drei verschiedene Nutzungs-Szenarien (ausschließliche Nutzung der historischen Gebäude bzw. plus zusätzlicher Neubauten) durchgeführt. Die Nutzer- und Lastprofile der Gebäude werden als gemischt angenommen. Die Projektergebnisse werden zeigen, ob das Konzept technisch und wirtschaftlich realisierbar ist und weiterverfolgt werden soll. Im ersten Schritt wurden die Abwärmepotenziale aus dem Abwasser der NÖM Molkerei erhoben sowie ein hydrogeologisches Modell für die Nutzung von Geothermie am Standort erstellt.  Auch ein technischer Entwurf für die Komponenten des Anergienetzes wurde entwickelt und erste Berechnungen zur Wirtschaftlichkeit durchgeführt. Lokale Anergienetze sind noch wenig erforscht, könnten aber vor allem in städtischen Gebieten zukünftig an Bedeutung gewinnen. SANBA soll wichtige Erkenntnisse liefern, um die Implementierung solcher Netze in Österreich zu unterstützen und das Screening von geeigneten Standorten sowie die Planung, insbesondere im Rahmen von Sanierungen, zu ermöglichen.
www.nefi.at
 
* PROJEKTPARTNER: NÖM AG, TU Wien – Institut für Energietechnik und Thermodynamik, ENFOS. e.U. – Energie und Forst, Forschung und Service, Institute of Building Research and Innovation ZT-GmbH, Stadt Baden/Energiereferat, Montanuniversität Leoben – Lehrstuhl für Energieverbundtechnik, geohydrotherm GmbH, BauConsult Energy GmbH
PROJEKTBERATER: Bundesministerium für Landesverteidigung, vertreten durch das Militärische Immobilienmanagementzentrum (MIMZ), Bundesdenkmalamt