Der Wärmemarkt befindet sich im Umbau. Technologische Innovationen, neue Bauvorschriften und gezielte Förderungen forcieren die Weiterentwicklung und den Einsatz von erneuerbaren Technologien im Wärmebereich sowie eine schrittweise Ablösung der fossilen Systeme. In räumlichen Planungsprozessen wurde das Thema Energie bisher noch wenig berücksichtigt. Es fehlt den Planer*innen, Investor*innen und politischen Entscheidungsträger*innen an strukturierten Informationen zu lokal verfügbaren erneuerbaren Wärmequellen und den technologischen Optionen. Eine wichtige Aufgabe ist auch die Koordination des Einsatzes der unterschiedlichen Technologien, um parallele Infrastrukturen (keine anderen Technologien in Wärmenetzgebieten) und eine negative gegenseitige Beeinflussung (z. B. die Übernutzung geothermischer Potenziale) zu vermeiden. Die Wärmewende wird nur gelingen, wenn an jedem Standort die bestgeeignete Technologie zum Einsatz kommt. Eine Verbindung von räumlichen und energierelevanten Aspekten in der Planung bildet dafür die Grundlage.
Räumliche Energieplanung als Game-Changer
Hier setzt das Projekt SEP – Spatial Energy Planning an, das in Zusammenarbeit der Bundesländer Wien, Steiermark und Salzburg im Rahmen des Innovationslabors „Green Energy Lab“1 durchgeführt wird. Unter der Leitung des Salzburger Instituts für Raumordnung und Wohnen (SIR) erarbeiten Partner aus den Ländern (Landesregierungen, Landeshauptstädte und einzelne Vorreiter-Gemeinden) in Kooperation mit österreichischen Forschungseinrichtungen2 alle notwendigen Grundlagen für die Einführung der räumlichen Energieplanung. Ziel ist es, in Zukunft die Potenziale aller erneuerbaren Energieformen ausschöpfen und die verfügbaren Ressourcen und Infrastrukturen bestmöglich einsetzen zu können. Dazu wurde ein innovatives Webinformationssystem entwickelt, das die Bereitstellung und Verknüpfung von räumlichen und energierelevanten Daten und Informationen ermöglicht. Der Fokus lag in der ersten Phase des Projekts auf dem Wärmesektor. Die räumliche Energieplanung hat das Potenzial hier zum Game-Changer zu werden und die Integration nachhaltiger Wärmetechnologien sowie die Entwicklung neuer Markt- und Geschäftsmodelle wesentlich voranzutreiben.
Innovatives Planungsinstrument
Zentrales Tool ist der ENERGIEatlas, eine GIS-basierte Webanwendung, die kartographische Informationslayer zu Energiebedarf, Energieversorgungsinfrastrukturen und erneuerbaren Energieversorgungspotenzialen liefert. Die Verknüpfung einer Vielzahl von Basisdaten (bis zu einer dreistelligen Anzahl an Datenquellen je Bundesland) mit fundierten wissenschaftlichen Modellen und Methoden schafft eine neuartige, umfassende Planungsgrundlage, die sowohl als kleinste räumliche Auflösung das einzelne Gebäude als auch konsistent andere Einheiten wie Areale, Gemeinden, Regionen und Länder abbilden kann. Darauf aufbauend wurde eine Applikation integriert, die automatisierte Abfragen und Analysen für definierte Verwaltungsprozesse erlaubt. Damit werden Arealentwicklungen, Raumplanung sowie Entwicklung und Monitoring von Energiestrategien in Zukunft wirksam unterstützt. Mit Abschluss der ersten Projektphase sollen im Juni 2021 alle Funktionalitäten für den Bereich Wärme bereitstehen.
Oberflächennahe Geothermie
Einen großen Mehrwert bietet die räumliche Energieplanung für die verstärkte Nutzung der Geothermiepotenziale in Österreich. Im ENERGIEatlas werden die Möglichkeiten für oberflächennahe Geothermie mit den Systemen Erdwärmesonden, thermische Grundwassernutzung und Flachkollektoren abgebildet. Dieser Sektor wird von der Geologischen Bundesanstalt (GBA) bearbeitet, die auf Grund zahlreicher internationaler und nationaler Projekte auf eine breite Datenbasis und hohe Fachexpertise zurückgreifen kann. Die GBA setzt neu entwickelte Methoden ein, mit denen grundstücksscharfe Abschätzungen zu Leistungs- und Energieressourcen sowie zu Einschränkungen der oberflächennahen Geothermie möglich sind. Die Darstellung der Inhalte erfolgt in Kartenform und über eine Abfrage in Berichtform. So wird eine kompakte Zusammenstellung aller relevanten Informationen zu jedem einzelnen Standort geliefert. Mögliche Nutzungseinschränkungen der oberflächennahen Geothermie werden als Ampelkarten (getrennt für Erdwärmesonden, thermische Grundwassernutzung und Flachkollektoren) und in der Standortabfrage visualisiert. Die Funktionalität für die Geothermie wird über die Instrumente von SEP für die Planung nutzbar gemacht.
Ausbaufähiges System
Im Rahmen des Projekts SEP wurde ein skalierbares System geschaffen, das künftig Planer*innen, Investor*innen, politischen Entscheidungsträger*innen und Bürger*innen zur Verfügung stehen wird und auf andere Bundesländer und Regionen übertragbar ist. Für Wien und das Land Salzburg sind die Informationen betreffend geothermischer Potenziale bereits flächendeckend verfügbar. Mit der Digitalisierung der Informationsgrundlagen wurde in den letzten Jahren ein vielversprechender Weg eröffnet, der ein enormes Entwicklungspotenzial bietet. Das Beispiel Geothermie zeigt, wie verschiedenste Themen daran anschließen können. Im Projekt selbst wird ab Sommer 2021 die zweite Phase gestartet, mit der in den nächsten drei Jahren die Sektoren Strom und Mobilität integriert werden sollen und Städte aus weiteren Bundesländern als Follower teilnehmen.
waermeplanung.at
1 SEP ist ein Projekt im Rahmen des Innovationslabors „Green Energy Lab“, einer Forschungsinitiative für nachhaltige Energielösungen und Teil der österreichischen Innovationsoffensive „Vorzeigeregion Energie“. www.greenenergylab.at
2 PROJEKTPARTNER: SIR – Salzburger Institut für Raumordnung und Wohnen (Projektleitung), Energieagentur Steiermark GmbH, Grazer Energieagentur GmbH, UIV Urban Innovation Vienna GmbH, TU Wien – Energy Economic Group, TU Graz – Institut für Wärmetechnik, AEE INTEC, e7 Energie Markt Analyse GmbH, RSA Research Studios Austria iSpace, Magistrat der Stadt Wien, Amt der Salzburger Landesregierung, Baudirektion der Stadt Salzburg, Magistrat Grödig, Gemeinde Bergheim, Stadtgemeinde Zell am See, Amt der Steiermärkischen Landesregierung, Stadt Graz Stadtbaudirektion und Umweltamt, Energieregion Weiz-Gleisdorf GmbH, Stadtgemeinde Kapfenberg