Graz ist eine stark wachsende Stadt mit begrenzten Siedlungsflächen. Die Grazer Stadtentwicklung zielt daher auf die Verdichtung von innerstädtischen, infrastrukturell bestens ausgestatteten Lagen. Hier sollen energieeffiziente, ressourcenschonende und emissionsarme Stadtquartiere mit höchster Lebensqualität realisiert werden. Im Strategieprojekt „I live Graz“ wurden in den Handlungsfeldern Ökonomie, Gesellschaft, Ökologie, Mobilität, Energie sowie Versorgung und Entsorgung von Gebäuden zukünftige Maßnahmen für die Smart City Graz definiert. Neben der Schaffung von hochwertigem Wohnraum sind die Bereitstellung qualitätsvoller öffentlicher Flächen, die Herstellung attraktiver grüner Fuß- und Radwegverbindungen, bestmögliche Anbindungen an den öffentlichen Verkehr sowie die Reduktion des motorisierten Individualverkehrs wichtige Zielsetzungen der Stadt.
Smart City Projekt Graz Mitte
Im heterogenen, ehemaligen Industriegebiet nahe dem Grazer Hauptbahnhof wird ein neuer energieautarker Stadtteil entstehen. In einem integrativen Planungsprozess sollen hier erstmals Energietechnologien für die intelligente „Zero Emissions“-Stadt demonstriert werden. Die Projektinhalte umfassen:
- die Erprobung von neuen Komponenten wie z. B. neue Solarmodule, solare Kühlung, urbane Solarstromerzeugung, integrierte Fassadentechnologien, Mini-BHKW, Smart Heat Grid
- die Umsetzung von Demonstrationsbauten (Forschungsturm Science Tower, PV-Pilotanlage „Grätzel-Zelle“, Energiezentrale und lokales Energienetz, Auftriebskraftwerk sowie Wohnanlagen und gewerbliche Flächen mit innovativen Gebäudetechnologien)
- Konzepte für nachhaltige urbane Mobilität inkl. Elektromobilität
Die BürgerInnen werden durch aktives Stadtteilmanagement, Informations-und Partizipationsangebote sowie über eine interdisziplinäre Expertenplattform in den Prozess eingebunden. Der rege Austausch mit nationalen und internationalen Partnerstädten soll die Lern- und Reflexionsprozesse sowie die Verbreitung der Ergebnisse unterstützen.
Science Tower
Die Realisierung des Forschungsturms Science Tower durch die Firmen FIBAG und SFL Technologies ist der erste Baustein für den smarten Stadtteil Graz Mitte. Dieser 60 Meter hohe Turm wird nördlich der Helmut-List-Halle errichtet und soll nicht nur Wissenschaft & Forschung beherbergen, sondern auch selbst ein Forschungsobjekt für neue Gebäudetechnologien werden.Der Turm hat eine doppelschalige Fassade, die außen wie ein Mantel um die Grundform geworfen ist, und vollständig aus orange und grün durchscheinender Photovoltaik in „Grätzel-Technologie“ besteht. Die „Grätzel-Zelle“ ist eine Farbstoffsolarzelle, die Sonneneinstrahlung in elektrische Energie umwandelt.
Aufwindkraftwerk
Das Aufwindkraftwerk produziert Strom aus dem Auftrieb warmer Luft und aus den Überschüssen der Fernwärme. Die Form ist ein 45 m hoher Rotationshyperboloid mit einer kaminartigen Spitze. Die Außenhülle besteht aus färbig durchscheinenden Solarzellen. Am unteren Ende des inneren Kamins sitzt eine Turbine zur Stromerzeugung. Ein Teil der Energie kommt aus dem Auftrieb der warmen Luft, die sich bei Sonneneinstrahlung in der Luftschicht zwischen Kern und Außenhülle bildet. Die erwärmte Luft strömt oben aus dem Kamin aus und saugt von unten Luft nach, die sich wiederum erwärmt. Um auch in der Nacht Strom erzeugen zu können, wird ein Teil der Sonneneinstrahlung über thermische Solarkollektoren in Wärme umgewandelt und gemeinsam mit den Überschüssen aus der Fernwärme in Wärmespeicher im Kern eingebracht. In der Nacht wird diese Wärme zum Aufheizen der Luft im inneren Kamin verwendet.
ECR Energy City Graz Reininghaus
Im Rahmen des „Haus der Zukunft“-Leitprojekts wurden Strategien für die Strukturierung, den Bau und den Betrieb sowie ein Gesamtenergiekonzept für den energieautarken Stadtteil Graz Reininghaus erarbeitet. Demonstrationsprojekte sollen hier zu international vorbildhaften „nachhaltigen Stadtbausteinen“ werden.
Der Hauptfokus des Energiekonzepts liegt auf der Vernetzung von Plus-Energie-Gebäuden, die mehr Energie erzeugen, als sie verbrauchen und ihre Energieüberschüsse ins kommunale Netz einspeisen. Im Rahmenplan Energie wurden Energieverbrauch und -bereitstellung, Energieverteilung, Gebäudetechnik sowie städtebauliche Aspekte (z. B. Geothermie, optimale Baukörperausrichtung, solare Aktivierung von Dächern und Fassaden, Prozesswärmenutzung, Blockheizkraftwerke, etc.) untersucht.
Der Plusenergieverbund Reininghaus Süd ist eines der ersten bereits realisierten Bauvorhaben (Architektur Nussmüller Architekten ZT GmbH). Hier wurden zwölf Einzelwohngebäude in einem multifunktionalen Gebäudeverband zusammengefasst. Ein vorgelagerter Büro- und Geschäftskomplex schirmt die Siedlung zur angrenzenden Peter-Rosegger-Straße hin ab.
Der Plusenergieansatz basiert auf verschiedenen Maßnahmen. Einerseits wurden die einzelnen Gebäude energetisch optimiert (Nutzung von Erdwärme mittels „Energiepfählen“ und Photovoltaik), andererseits konnten Synergien zwischen den Wohnhäusern und dem Bürokomplex geschaffen werden. Um Erzeugungs- und Verbrauchsspitzen ausgleichen zu können, wurden die Energiezentralen der einzelnen Wohnblöcke vernetzt und ein Energieverbund mit den Büro- und Geschäftsgebäuden realisiert.