St. Pölten, Landeshauptstadt des flächengrößten Bundeslandes Niederösterreich, befindet sich in einem dynamischen Veränderungsprozess. Seit dem Westbahnausbau und der guten verkehrstechnischen Anbindung ist die Stadt besonders attraktiv geworden. Bauboom, wachsende Bevölkerungszahlen und ein starker Pendler:innenverkehr stellen die Stadt vor große Aufgaben und erfordern neue technische und soziale Infrastrukturen. Als Pionierstadt für Klimaneutralität setzt die Stadt viele innovative Maßnahmen – ein Kernthema ist die Mobilitätswende.
„Die Klimakrise war zwar in den letzten Jahren sehr wohl ein Thema im Stadtentwicklungskonzept, in der Siedlungsentwicklung und bei der Verkehrsplanung, aber es gab keine übergeordnete Gesamtstrategie“, erklärt Carina Wenda, Leiterin für nachhaltige Planungsprozesse in der neu geschaffenen Klimakoordinationsstelle der Stadt. Mit der Klima-Rahmenstrategie 1.0, die im Zuge des nationalen Förderprojekts Fit4UrbanMission entwickelt wurde, verdichtete die Stadt 2022 die Basis für eine klimafitte Entwicklung. „Hier wurden erstmals alle relevanten Themen zusammengeführt und aufgezeigt, welche Fachgebiete auf dem Weg zur Klimaneutralität mitwirken müssen. Die Klima-Rahmenstrategie 1.0 ist für uns aber auch ein wichtiges Mittel im Sinne der Bewusstseinsbildung“, betont Wenda.
Kapazitäten aufbauen
Die Teilnahme als Pionierstadt an der Mission „Klimaneutrale Stadt“ ermöglicht es St. Pölten, zusätzliche personelle Ressourcen und Kompetenzen aufzubauen. So konnte die neue Stabsstelle zur Koordination von Klimathemen eingerichtet werden. „Hier sehen wir in der Pionierstadt-Initiative den größten Effekt. Wir konnten neue Zuständigkeiten schaffen und somit wichtige Themenbereiche abdecken, die vorher nur mitgelaufen sind“, sagt die Projektleiterin. „Natürlich arbeiten wir dabei sehr eng mit vielen anderen Abteilungen, wie der Stadtplanung und der Verkehrsplanung zusammen.“
Fokus Energie
Das Thema Energie ist ein wichtiger Schwerpunkt, mit dem sich das Pionierstadt-Team intensiv beschäftigt. Zwei städtische Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften konnten bereits gegründet werden. Zudem laufen aktuell Vorbereitungen für Bürger:innen- Energiegemeinschaften und für die Erstellung eines Konzepts zur Energieraumplanung. Auch mehrere Photovoltaik-Projekte stehen kurz vor der Umsetzung.
Nachhaltige Quartiersentwicklung
Kooperationspartner der Stadt sind die ÖBB Infra und die gemeinnützige Bau-, Wohn- und Siedlungsgenossenschaft Alpenland. Beide planen aktuell in der Landeshauptstadt Pilotvorhaben für die Sanierung bzw. den Neubau von Quartieren mit innovativen Mobilitäts- und Energielösungen. Bereits weit fortgeschritten ist die Planung der ÖBB zur Sanierung der sogenannten Eisenbahnerhöfe, einer historischen Arbeitersiedlung, deren Gebäude teils unter Denkmalschutz stehen. Ein Projekt der Alpenland ist die Errichtung eines Neubauquartiers auf einer Brachfläche, mit verdichtetem Wohnbau bzw. Bauten mit gemischter Nutzung. „Wir als Stadt bauen ja selbst keine Quartiere und sind daher auf die Kooperationsbereitschaft der Bauträger angewiesen. Wir sind froh, dass die ÖBB und die Alpenland hier mit uns zusammenarbeiten, um gemeinsam etwas auf den Weg zu bringen“, erklärt Wenda.
Aktiv für die Mobilitätswende
Die verkehrspolitische Entwicklung der Stadt ist ein Kernthema, mit dem sich St. Pölten intensiv auseinandersetzt. Die „Leitkonzeption Aktive Mobilität“, die in diesem Jahr vom Gemeinderat beschlossen wurde, zeigt das starke Engagement der Stadt. Das Konzept legt wichtige Maßnahmen fest, um den Umstieg vom Auto auf den Fuß- und Radverkehr zu beschleunigen. Bis zum Jahr 2034 soll der Umweltverbund (Fuß, Rad, ÖV) 58 % und der MIV (Motorisierter Individualverkehr) 42 % am Modal Split betragen.
Die Leitkonzeption zur aktiven Mobilität wurde im Rahmen eines breiten Beteiligungsprozesses – über 2000 Personen haben hier mitgewirkt – erarbeitet. „Sehr stolz sind wir u. a. auf unser Rad-Sharing-System NextBike, das von den Bürger:innen extrem gut angenommen wird. Hier kam es im letzten Jahr zu einer Verdoppelung der Ausleihzahlen. Das zeigt uns, dass wir in St. Pölten ein Vorreiter für nachhaltige Mobilitätsangebote werden können“, zeigt sich Wenda überzeugt. Ein großes Thema ist auch die Stärkung des Öffentlichen Verkehrs, hier läuft aktuell ein wichtiger Planungsprozess. St. Pölten hat keinen eigenen Verkehrsverbund, das städtische Bussystem LUP wird vom Verkehrsverbund Ost-Region (VOR) betrieben. Die Stadt arbeitet deshalb eng mit dem Verkehrsverbund zusammen und bereitet aktuell eine Ausschreibung für 2027 vor, um das Bus-Netz zu erweitern, den Takt zu verdichten sowie die Flotte ab 2029 auf Elektrobusse umzustellen.
Carina Wenda, Klimakoordinationsstelle,
Magistrat St. Pölten