Großsolarthermie Mürzzuschlag, Foto: SOLID Solar Energy Systems GmbH

Großsolarthermie Mürzzuschlag, Foto: SOLID Solar Energy Systems GmbH

ThermaFLEX
Leitprojekt für die Flexibilisierung von Wärmenetzen

Nah- und Fernwärmesysteme sind eine umweltfreundliche und komfortable Form der Energiebereitstellung für Heizung und Warmwasser und spielen eine zentrale Rolle bei der Energieversorgung Österreichs. Aktuell werden 27 % der österreichischen Haushalte mit Nah- bzw. Fernwärme beheizt. Die Tendenz ist steigend. Die Trassenlänge der Wärmenetze der österreichischen Wärmeversorgungsunternehmen stieg von 4.100 Kilometer im Jahr 2010 auf etwa 5.600 Kilometer im Jahr 2020. Für 2030 wird eine Netzlänge von 6.500 km prognostiziert.1

Um den Anteil an erneuerbarer Energie in der Fernwärmeversorgung von aktuell rund 50 % rasch zu erhöhen, müssen vermehrt verschiedene nachhaltige Wärmequellen lokalen Ursprungs integriert werden. Neben Biomasse könnten zukünftig neue Wärmequellen wie Abwärme, Tiefe Geothermie, Großwärmepumpen, Solarthermie oder Power-to-Heat genutzt werden. Hier setzt das Leitprojekt ThermaFLEX an, das unter der Leitung von AEE INTEC in Kooperation mit einem transdisziplinären Team aus 28 Projektpartnern2 durchgeführt wird. Im Rahmen des Projekts wird erforscht und demonstriert, wie Wärmenetze flexibler und effizienter gestaltet werden können, um zukünftig ohne fossile Energieträger auszukommen. Dazu werden an verschiedenen Standorten in Österreich Demonstrationsprojekte umgesetzt und wissenschaftlich begleitet.

Mehr Flexibilität im Fernwärmesektor

Die Fernwärmenetze werden heute überwiegend zentral mit wenigen Erzeugungsanlagen versorgt. Der Umstieg auf erneuerbare, lokal verfügbare Energiequellen führt zu Dezentralisierung, vielen Erzeugern und einer erhöhten Systemkomplexität. Um eine sichere Energieversorgung gewährleisten zu können, muss das fluktuierende Energieangebot aus erneuerbaren Quellen im Gesamtsystem integriert und Schwankungen ausgeglichen werden. Dazu braucht es Flexibilitätsoptionen sowie ein intelligentes Zusammenspiel von technischen und nicht-technischen Elementen. Große Bedeutung haben dabei Energiespeicher, die Kopplung der Energiesektoren, intelligente Steuerungs- und Regelungskonzepte sowie die Integration der Nutzer:innen und relevanten Stakeholder. Parallel dazu werden integrierte Planungs-, Umsetzungs- und Betriebsführungsprozesse erforderlich, wie z. B. neue Ansätze der Energieraumplanung oder Methoden zur Lebenszyklusanalyse.

ThermaFLEX unterstützt den Transformationsprozess

Im Rahmen des Leitprojekts werden technische, nicht-technische und systemische Maßnahmen zur Flexibilisierung von Wärmenetzen kombiniert betrachtet und in Demonstrationsprojekten umgesetzt. Im Fokus standen 10 Standorte in kleinen, mittleren und großen Fernwärmeversorgungsgebieten in der Steiermark, Salzburg und Wien, die eine große Bandbreite an unterschiedlichen Maßnahmen, Wärmequellen und Flexibilitätselementen nutzen. Die Projektergebnisse zeigen, dass großtechnische Umsetzungen auch in relativ kurzer Zeit möglich sind. Der gesamte Prozess von der Problemerkennung über die Konzeptentwicklung, der Detailplanung und Umsetzung, dem Daten-Monitoring und der Optimierung wurde dabei wissenschaftlich begleitet. Zur Bewertung wurden ganzheitliche System- und Lebenszyklusanalysen durchgeführt, die die gesamte Wertschöpfungskette berücksichtigen. Durch die Ausarbeitung von Roll-out Szenarien konnte das Potenzial zur Multiplikation und Skalierbarkeit aufgezeigt werden. Insgesamt wurden zahlreiche neue Erkenntnisse gewonnen, die auf den gesamten Sektor der netzgebundenen Wärmeversorgung übertragen werden können. Wichtige zukünftige Forschungsthemen sind u. a. Langzeitspeicher, das Phase-out aus den großen Gas-KWK-Anlagen sowie die weitere Digitalisierung.

ThermaFLEX Projekte; Karte: Waldhör KG
ThermaFLEX Demo-Projekte; Karte: Waldhör KG

1 Hochtemperaturwärmepumpe Wien-Spittelau
Nutzung der Abwärme aus der Rauchgaskondensation der Müllverbrennungsanlage als Wärmequelle für eine Hochtemperatur-Wärmepumpe (16 MWth)

2 Erneuerbare Wärme und Kälte aus Abwasser – Wien Kanal 
Energetische Nutzung aus Abwasser für Heizung und Kühlung, mit innovativem Wärmetauscher- und Wärmepumpensystem

3 Abwärmenutzung Therme Wien

4 Wärme aus Abwasser Wien-Liesing
Nutzung von Abwasser direkt aus dem Kanal als Wärmequelle für eine 2 MWth Wärmepumpe und Einspeisung in ein Sekundärnetz der Fernwärme Wien

5 Modernisierungskonzept und Wärmepumpeintegration Saalfelden

6 Industrie-Abwärmenutzung Hallein und Öko-Energiepark Salzburg
Konzeptentwicklung für Absorptionswärmepumpen (AWP) im
industriellen Maßstab

7 Großsolarthermie Salzburg (Big Solar Salzburg)
Konzept für eine Großsolarthermieanlage (rund 30 000 m² Kollektorfläche), einen Großwasserwärmespeicher (rund 20.000 m³) und die
Integration einer Absorptionswärmepumpe (rund 14 MWth)

8 Großsolarthermie Mürzzuschlag
Integration einer rund 5.000 m² großen solarthermischen Anlage in Kombination mit einem 180 m³-Speicher in das Wärmenetz

9 Virtuelles Heizwerk Gleisdorf
Kopplung der Fernwärme mit der kommunalen Kläranlage und Einsatz eines neuartigen Regelungskonzepts (Virtuelles Heizwerk)

10 100 Prozent Erneuerbare Fernwärme für Leibnitz
Nutzung von fluktuierender Abwärme (maximal 4 MWth) aus einem Produktionsbetrieb und durch bidirektionale Kopplung zweier Fernwärmenetze

thermaflex.greenenergylab.at
 

Foto: Salzburg AG

„Für die Salzburg AG ist die Dekarbonisierung und Zukunftsfähigkeit unserer Fernwärmeanlagen ein zentrales Anliegen, welches aktuell noch stärker in den Fokus gerückt ist. Die untersuchten Fragestellungen im Rahmen von ThermaFLEX sind ein Schlüsselfaktor zur Erreichung dieses Ziels. Die Konzepte und das Know-how aus ThermaFLEX ermöglichen es uns, die Ergebnisse  auf unsere weiteren Fernwärmesysteme zu übertragen und so eine sichere, nachhaltige und kosteneffiziente Wärmeversorgung für unsere Privat- und Industriekunden zu gewährleisten.“
DI Thomas Herbst, Fachabteilungsleiter Fernwärmenetz, Energietechnik
Salzburg AG für Energie, Verkehr und Telekommunikation


1  bmk.gv.at/themen/energie/energieversorgung/fernwaerme.html,
gaswaerme.at/media/medialibrary/2021/09/zasp21_hi.pdf
Projektpartner:
Forschungseinrichtungen:
AEE INTEC (Projektleitung), AIT Austrian Institute of Technology GmbH, BEST – Bioenergy and Sustainable Technologies GmbH, FH Joanneum Gesellschaft mbH, JOANNEUM RESEARCH Forschungsgesellschaft mbH, SIR Salzburger Institut für Raumordnung und Wohnen, StadtLABOR – Innovationen für urbane Lebensqualität GmbH, TU Wien/Energy Economics Group, TU Graz/Institut für Wärmetechnik
Energieversorger & Infrastrukturbetreiber:
Abwasserverband Gleisdorfer Becken, Energie Steiermark AG, Feistritzwerke-STEWEAG-GmbH, Haselbacher Nahwärme, Salzburg AG für Energie, Verkehr und Telekommunikation, Stadtwerke Gleisdorf GmbH, Wien Energie GmbH
Knowhow- und Technologieanbieter:
ALOIS HASELBACHER GmbH Haustechnik, ENAS Energietechnik und Anlagenbau GmbH, FRIGOPOL Kälteanlagen GmbH, Green Tech Cluster Styria GmbH, GREENoneTEC Solarindustrie GmbH, Horn Consult, Pink GmbH, Rabmer GreenTech GmbH, ROTREAT Abwasserreinigung GmbH, Schneid Gesellschaft m.b.H., STM Schweißtechnik Meitz e.U., SOLID Solar Energy Systems GmbH
 
Das Leitprojekt ThermaFLEX wird im Rahmen der Forschungsinitiative „Green Energy Lab“ als Teil der Innovationsoffensive Vorzeigeregion Energie durchgeführt.
www.greenenergylab.at
 

 

 

  • Absorptionswärmepumpe Hallein, Foto: Klima- und Energiefonds/Krobath
    Absorptionswärmepumpe Hallein, Foto: Klima- und Energiefonds/Krobath
  • Biomasseheizwerk Saalfelden, Foto: Klima- und Energiefonds/Krobath
    Biomasseheizwerk Saalfelden, Foto: Klima- und Energiefonds/Krobath