Die Energieversorgung von Stadtteilen mit vor Ort verfügbarer erneuerbarer Energie stellt eine vielversprechende Option für die Stadt der Zukunft dar. Die Umsetzung von Energiekonzepten mit Photovoltaik, Solar- und Geothermie, Wärmepumpe und Großspeicher ist im dicht bebauten städtischen Gebiet eine komplexe Herausforderung. Im Projekt Urban pv+geotherm wurden von der Österreichischen Energieagentur (in Kooperation mit AEE INTEC, geohydrotherm und Ochsner Wärmepumpen GmbH) Konzepte für die energie- und kostenoptimierte Kombination aus Geothermie (mit Wärmepumpe) und Photovoltaik sowie anderen vor Ort verfügbaren erneuerbaren Energieträgern für die Beheizung und Kühlung eines Stadtentwicklungsgebiets erarbeitet. Innovative Speichertechnologien und Gebäudetechnik sind Teil der Optimierungsansätze.
Beispiel Nordwestbahnhof Wien
Die Analysen wurden anhand des Stadtentwicklungsgebiets Nordwestbahnhof im 20. Wiener Gemeindebezirk durchgeführt. Die Experten untersuchten Optionen für die 100-prozentige Energieversorgung mit erneuerbarer „vor-Ort-Energie“ (ohne Fernwärme- oder Erdgasanschluss) in diesem neuen Stadtteil. Ab 2020 sollen am Nordwestbahnhof Neubauten mit einer Gesamtfläche von 780.000 m2 errichtet werden. 68 % der Gebäude werden Wohnungen sein, der Rest verteilt sich auf Büronutzung, Schulen, Geschäfte und Restaurants. Basierend auf der Analyse der geothermischen und solaren Nutzungsmöglichkeiten sowie auf Potenzialuntersuchungen anderer vor Ort verfügbarer erneuerbarer Energieträger wurden Simulationen für verschiedene Szenarien durchgeführt.
Ergebnisse
Als besonders vorteilhaft stellte sich das Konzept eines Anergie-netzes mit Erdsondenspeichern heraus. Ein Anergienetz ist ein Niedertemperaturnetz mit Temperaturen zwischen 8°C und 20°C, in das verschiedene Wärmequellen sowie Wärmesenken eingebunden sind. Es zeigte sich, dass eine 100-prozentige Deckung des Energiebedarfs aus vor Ort verfügbaren erneuerbaren Quellen möglich ist. Als geeignete Energieträger wurden Solarenergie (z. B. PVT-Kollektoren, die PV und Solarthermie kombinieren), Abwasserenergie, Außenluft sowie Abwärme aus Kühlanwendungen identifiziert. Die Erdsondenspeicher dienen nicht als Wärmequelle, sondern als Lastausgleich, d. h. als Brücken-element zwischen Wärmeangebot und Wärmenachfrage.
Bei der ökologischen Bilanz wurden die CO2-Emissionen und der Primärenergieverbrauch ermittelt. Gegenüber einer Erdgasversorgung könnten auf dem Areal des Nordwestbahnhofs im Szenario mit PVT-Kollektoren in Kombination mit dem Erdsondenspeicher jährlich 47 GWh fossile Primärenergie und 9.500 t CO2-Emissionen eingespart werden. Die Einsparung der CO2-Emissionen ergibt mit den Mehrkosten pro Jahr (Annuitäten im Vollkostenvergleich) von Euro 580.000 im Vergleich zur konventionellen Erdgasheizung spezifische CO2-Vermeidungskosten von etwa Euro 60 pro Tonne für das Anergienetz mit PVT-Kollektoren.
KONTAKT
DI Franz Zach, Austrian Energy Agency
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